29 Dec 2008

rabensturm: (wirbel)
Tja, wer da dachte, das Jahr ist rum und hier passiert nichts mehr – falsch, es gibt noch mal Kultur:

Am Samstag war ich hier im Schauspielhaus am zwinger zu „König Lear“. Shakespeare, Drama und natürlich waren am Ende fast alle tot. Aber es lohnte sich doch. Theater lohnt eigentlich fast immer. ;)

Die Entscheidung fürs Theater war mal wieder eine kurzfristige – und wieder Cari zu verdanken, die dafür extra nach Dresden gekommen ist. Ich hab mich also dem weihnachtlichen Kreis der Familie entrissen und Samstag Mittag wieder nach Dresden begeben. Zum Treffpunkt Abends war ich ein wenig knapp in der Zeit, was hauptsächlich an der Suche nach einem Parkplatz gelegen hat...

Das Stück:
Ich hab König Lear nicht gelesen, nur eine kurze Zusammenfassung vorher. Der alte König Lear befragt seine 3 Töchter, welche ihn wohl am meisten liebt, um entsprechend der Antworten sein Reich aufzuteilen und sich aufs Altenteil zurückzuziehen. Die ältesten beiden, Goneril und Regan schmeicheln und lügen und beteuern ihre innigste Liebe, die über alles hinausgeht, was die Welt je gesehen hat. Cordelia die jüngste, die Lieblingstochter, bleibt ehrlich und schlicht: sie liebt ihren Vater so, wie ein Kind den Vater lieben sollte. Das stößt den alten König so vor den Kopf, dass er sie enterbt, und verstößt. Der König von Frankreich nimmt sie trotzdem und so ziehen sie von dannen... Der König teilt Reich und Rechte nun unter den älteren Töchtern auf – und will monatlich abwechselnd bei ihnen wohnen. Die Schwestern und deren Männer freuen sich – nur der treue Berater, der Graf von Kent widerspricht und warnt. Der König will nicht hören und verstößt ihn dafür.

Natürlich zeigt sich bald das wahre Gesicht der Töchter. Goneril ekelt den Vater hinaus, Regan weigert sich, ihn aufzunehmen – und so irrt er dann nur mit dem treuen Narren und einem geheimnisvollen Begleiter (der verkleidete Graf von Kent) im Sturm umher und wird allmählich wahnsinnig. Dann ist da noch der Graf von Gloucester, der dem alten König helfen will und Frankreich informiert. Er selbst steckt aber in einer Intrige seines unehelichen Sohnes Edmund, der zuvor den legalen Bruder Edgar als Verräter hat enterben und verjagen lassen. Aber nicht nur das, Edmund verrät die Pläne des Vaters an die bösen Schwestern, verbündet sich mit ihnen und lässt zu, dass der Vater geblendet und verstoßen wird. Der blinde Graf von Gloucester irrt also ebenfalls umher und wird von seinem Sohn Edmund gefunden, versorgt und geführt, der sich dabei als verrückter Tom of Bedlam ausgibt. Am Ende kommt Frankreich mit einem Heer, Lear und Cordelia treffen sich ein letztes Mal und versöhnen sich, alle sterben und nur Edmund, Kent und der Herzog von AlbanienAlbany, Gonerils Mann, überleben.

Die Umsetzung:
Nennen wir es... modern. Bühnenbild gab es nicht. Gar nicht. Nur eine schwarze Bühne, von der hin und wieder mal Teile versenkt wurden. Requisiten... sehr spärlich. Ein Schwert, ein paar Briefe, am Anfang die Landkarte. Kostüme... neuzeitliche Klamotten, Anzüge für die Herren, Kleider und Absatzschuhe für die Damen. Alles in schwarz oder weiß oder Abstufungen dazwischen. Nur Cordelia trug ganz am anfang eine rosa Jacke... Es wurde viel mit Licht und Schatten gearbeitet und vermutlich mit symbolisch bedeutungsvollen Stellungswechseln zwischen den Personen, die sich meinem bescheidenen Geist aber nicht erschlossen haben.

Die ganze... Farblosigkeit machte die Zuordnung der Personen nicht wirklich einfach. Ich konnte beispielsweise Regan und Goneril nicht wirklich auseinanderhalten, und weiß nicht, wo der Mann von Regan plötzlich hingeraten ist. Ja, sie erwähnten in einem Nebensatz, dass er tot ist, aber der Schauspieler muss dann ja was anderes gemacht haben. Edgar? Und was war mit dem König von Frankreich? Ich geh auch davon aus, dass sie ein bißchen gekürzt und gestrafft haben, so dass dadurch ein paar solche Verständnisprobleme zustande gekommen sind. Mir war jedenfalls nicht wirklich klar, ob Frankreich am Ende gewonnen oder verloren hat... und überhaupt waren am Ende alle so schnell tot! Die Schwestern vergiftet – aber durch wen und wieso hat sich mir im Theater nicht wirklich erschlossen. Edgar erschlägt Edmund, Cordelia wurde gehenkt, dem Vater bricht darüber das Herz, so dass er auch stirbt. Gloucester war wohl auch tot und der arme Narr auch...

Es blieben also einige Rätsel, auch wenn die Schauspieler durchweg sehr gut gespielt haben. Ich mochte besonders den Narren. :) Ich fand auch die karge Bühnenausstattung nicht so schlimm und hab eher gestaunt, mit welch einfachen Mitteln man schicke Effekte zaubern kann. Der Sturm beispielsweise, bei dem eine Nebelwand die Bühne nach vorn rollte und sich ins Publikum ergoß (schicker Anblick vom Rang aus *g*). Oder die Szene, in der Gloucester geblendet wurde: Sie nahmen ein brennendes Schwert und fuhren auf der Bühne zwei unglaublich helle Lampen auf, die ins Publikum blendeten, dazu ein Sirenenton. Man konnte nur noch blinzeln und wenn man was sah, dann nur noch das brennende Schwert. Doch, sehr eindrucksvoll, man konnte wirklich mitfühlen. ;) Ich mochte das Schwert ohnehin. :)


(Foto vom Staatsschauspiel Dresden)

Insgesamt eben... modern, teilweise mit Verständnislücken, aber durchaus sehenswert. Der Abend war da durchaus gut investiert und Shakespeare kann man sich ja immer angucken. *g*


Ganz unzusammenhängend fällt mir dazu nur unser irisches Liedgut ein:

Bedlam Boys

For to see mad Tom of Bedlam
Ten thousand miles I'd travel
Mad Maudlin goes on dirty toes
For to save her shoes from gravel

Still I sing bonnie boys, bonnie mad boys
Bedlam boys are bonnie,
For they all go bare and they live by the air
And they want no drink nor money



Stimmung:
farblos

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