rabensturm: (wirbel)
Am nächsten freien Samstag bin ich mit dem Bus nach Riebnitz-Damgarten gefahren. Mit dem Bus braucht man für eine Strecke fast anderthalb Stunden – aber kostet ja nix mit dem Deutschlandticket und man sieht die Landschaft mal aus einer anderen Perspektive. Eine sehr nasse Landschaft, das Wetter war ausgesprochen mäßig, grau und nass.

Aber gut, es ist besser, bei schlechtem Wetter eine Stadt und ein Museum zu besichtigen, als am Strand zu spazieren. ;)

Riebnitz-Damgarten ist eine Stadt auf dem Festland, an der anderen Seite des Boddens, der Fischland-Darß zur Halbinsel macht. Ich lerne soeben, dass historisch Ribnitz zu Mecklenburg gehörte und Damgarten zu Vorpommern und die beiden Teile 1950 vereinigt wurden. Ich hab den Riebnitzer Teil angeschaut, der scheint das Zentrum zu sein.

Um genau zu sein, hab ich mir erst den Hafen angeschaut, in der Hoffnung, dort gleich was leckeres zu Mittag zu bekommen.



Macht alles einen etwas monochromen Eindruck.

Gegessen hab ich dann sehr leckeren Fisch beim Riebnitzer Fischhafen – mit Blick auf eben jenen Hafen und das hübsche Segelschiff.

Dann zurück zum Marktplatz und weiter zum alten Kloster – das sind alles keine weiten Wege, Riebnitz ist doch recht überschaubar. Im alten Kloster jedenfalls befindet sich heute das Bernsteinmuseum – Riebnitz-Damgarten nennt sich offiziell auch Bernsteinstadt (vor allem wegen des im Stadtteil Ribnitz liegenden ehemaligen VEB Ostseeschmuck, des Museums und der im Stadtteil Damgarten gelegenen Bernstein-Schaumanufaktur).

Das Museum war dann tatsächlich ganz hübsch. Es gab Informationen zum Bernstein allgemein, seiner Entstehung an der heutigen Ostsee, auch zum Abbau im Wandel der Zeiten und seiner Verwendung.



Spannend der Teil über die Einschlüsse im fossilien Harz – es gab Blätter und Insekten, aber auch eine Schnecke, eine Spinne und sogar ein halber Gecko. Die alle wurden vom Harz eingeschlossen und so erhalten (waren aber meistens zu klein, um ein brauchbares Foto davon zu machen).

Spannend fand ich die Abbaugeschichte, die in der jüngeren Geschichte sogar industrielle Züge angenommen hat, es gab Bernsteintagebau und sogar Abbau in Stollen. Dabei hat die Suche nach den Bernsteinen schon eine sehr lange Geschichte, schon in prähistorischer Zeit wurde der leuchtende Stein geschätzt und Schmuck oder Figuren daraus geschaffen.


Das sind doch wirklich ganz entzückende Figuren. :)

Schmuck wird natürlich auch heute noch aus Bernstein hergestellt – zufällig gab es auch einen Verkaufsstand im Museum – andere Produkte sind (vielleicht) nicht mehr so gefragt: Rauchwaren wie Zigarettenspitzen, religiöse Artikel, aber auch Bootslack oder Parkettlack aus geschmolzenem Bernstein. Letzteres finde ich ja immer sehr schade…

Ansonsten konnte man vom Museum aus auch noch einen Blick in die Klosterkirche werfen. Die ganze Anlage wurde im 14. Jahrhundert von Heinrich dem Löwen als Klarissenkloster gegründet. Nach der Reformation wurde es evangelischer Damenstift; die letzte Stiftsdame, die noch im Kloster lebte, starb 1961.



Für einen weiteren Stadtspaziergang war es mir dann aber doch zu nass und ungemütlich. Bei besserem Wetter lohnt sich das bestimmt, da kann man bestimmt auch schön am Hafen sitzen und aufs Wasser gucken.



Ich bin noch eine Weile durch die nasse Stadt getappt, hab mir vom Bäcker was für den späteren Nachmittag mitgenommen und bin dann zurückgefahren. Das dauerte wieder ein anderthalb Stunden, wobei ich mich dann auch ganz nett mit dem Busfahrer unterhalten habe.

Doch, auch das ein netter Ausflug, trotz Regen.

Stimmung:
nass
rabensturm: (wirbel)
Silph hat ja sicher nichts dagegen, wenn ich mir ihre Titelstruktur für Museumsposts ausleihe – zumal ich tatsächlich nicht so viel mehr gemacht habe in Stralsund, als ins Museum zu gehen. ;)

Aber von vorn: ich bin jetzt 3 Wochen im Januar in der Kur in Prerow auf dem Darß. Drei Tage noch, deshalb will ich dazu noch keine Zusammenfassung schreiben. Aber weil ich die freien Wochenenden zu Ausflügen genutzt habe, will ich damit wenigstens schon mal beginnen. :)

Letzten Samstag war ich also in Stralsund. Der nebligste Tag der Woche, aber besser schlechtes Wetter in einer Stadt und einem Museum, als am Strand, nicht wahr?

Ich bin mit dem Zug gefahren – mit dem Deutschlandticket kostet es ja nüscht – von Barth aus mit Umstieg in Velgast und der Regionalbahn von Rostock nach Stralsund. Das hat problemlos geklappt, auch wenn ich inzwischen gehört habe, dass die Anschlussbahn auch schnell mal nicht fährt, wenn Personal fehlt. :p

Es ist schon länger her, dass ich/wir mal in Stralsund waren, trotzdem hatte ich nicht die Absicht, die Stadt komplett neu zu erkunden. Zumal das Wetter auch nicht dazu einlud. Ich wollte zum Hafen, ich wollte ins Ozeaneum und von der Altstadt bekommt man beim Durchlaufen ja auch genug mit. Die Orientierung anhand der Kirchen war immerhin schon mal… diffus.



Heutzutage kann man sich ja aber mit dem Handy orientieren und ist nicht auf freie Sicht angewiesen. Der Hafen war also nicht schwer zu finden, sehr malerische Gegend, am nebeligen Samstag auch recht ausgestorben. Ich habe aber sehr leckere Fish & Chips gegessen und die alten Gebäude und die Gorch Fock bewundert, die da vor Anker liegt.



Direkt da am Hafen befindet sich auch das Ozeaneum Stralsund. Es wurde 2008 eröffnet, ich war noch nie drin, ich glaube beim letzte Stralsundbesuch waren wir im Meereskundemuseum. Keine Ahnung, ob es das Ozeaneum da noch nicht gab oder wir lieber in das andere wollten. *kopfkratz*



Das moderne Gebäude soll „von Meerwasser umspülte Steine symbolisieren“. Ich finde, es ganz hübsch, im Hafenbereich nicht all zu störend, und innen sehr geräumig. Durch die verschiedenen „vom Meer umspülten“ Gebäudeteile ist es allerdings auch recht verwirrend – immer schön den Pfeilen folgend – und man muss ständig irgendwelche Treppen hoch oder runter. Klar gibt es auch Fahrstühle, aber so richtig bequem barrierefrei erscheint mir das nicht…

Im Ozeaneum befinden sich verschiedene Dauerausstellungen zu Weltmeeren allgemein, zur Ostsee und deren Lebewesen, zu Problemen wie Fischfang, Müll und Klimawandel. Vor allem gibt es aber auch zahlreiche große und sehr große Aquarien, die das Unterwasserleben vom Stralsunder Hafen über die Nordsee zum Nordpolarmeer zeigen.



Ich persönlich finde Fische im Aquarium ja schnell langweilig, aber es war schon spannend, hier mal vorbeizuspazieren. Vor allem, weil es Fische der „näheren“ Umgebung sind und eben keine Tropenfische. Man sieht damit auch die Fische, die man hier sonst vom Teller kennt – und ein bisschen leid taten sie mir da schon, wie sie da so groß und majestätisch herumschwammen…

Was ich hingegen immer stundenlang angucken könnte (und nie ist ein Stuhl davor), sind Quallen. *g* Und hier gab es sogar ein Becken mit Babyquallen, die da ganz engagiert drin herumpaddelten.



Auch die Korallen, Seepferdchen und Krabben fand ich spannend. :)

Und dann – für mich überraschend – gab es oben auf dem Dach des Ozeaneums keine Aussicht und Pinguine. Die sind da in dem Becken herumgerast und aus dem Wasser gesprungen, dass ich mich schon gefragt habe, wie oft die wohl aus dem Becken springen… Aber immerhin haben die sich in dem kalten nassen Wetter wohl gefühlt.

Doch, war ein netter Museumsbesuch. Ich hab mich nicht stundenlang aufgehalten und alles gelesen, sondern bin nur gemütlich durchgeschlendert, das kann man gut machen. Bei freundlicherem Wetter kann man bestimmt auch gemütlich im Hafen sitzen und gucken. Oder gemütlich durch die Stadt bummeln. Ich bin schon auch durch die Altstadt gelaufen, aber so richtig gemütlich war es nicht.


Meine Motivation, für längere Spaziergänge, hielt sich also in Grenzen – ich war auch in keiner Kirche. Ich hab mir nur noch Kaffee und Kuchen gegönnt und mich dann auf den Rückweg mit der Bahn gemacht. Kein ewig langer Tagesausflug, aber nett und für mich völlig ausreichend. :)

Stimmung:
trüb
rabensturm: (wald)
Letztes Wochenende war ich noch mal in Hessen – Zwischenwelttreffen – und da waren wir sehr historisch unterwegs. Auch da hatten wir wieder eine sehr hübsche Ferienwohnung in Florstadt, in einem hübschen Fachwerkhaus. Da haben wir viel gespielt und gequatscht und darum ging es ja hauptsächlich.

Als historische Sehenswürdigkeit haben wir uns zuerst den Glauberg und das Keltenmusem dort angeschaut. Wir waren da 2011 schon mal, auch wenn einige von uns sich daran nicht mehr erinnern konnten. ;)

Der Glauberg ist bereits seit der Jungsteinzeit besiedelt, es gibt Zeugnisse der Urnenfelderkultur, der Kelten, es gab hier eine alemannische Höhensiedlung und eine fränkische Großburg und noch im Mittelalter gab es eine Befestigung und Besiedlung. Berühmt ist der Ort aber für den keltischen Grabhügel aus dem 5. Jahrhundert und die dort gefundene Steinfigur eines keltischen Kriegers.



Der Grabhügel war im Laufe der Zeit eingeebnet worden. Luftbildarchäologie machte ihn wieder bekannt, er wurde archäologisch ausgegraben und wieder rekonstruiert. Ob das ursprünglich so aussieht, ist natürlich wieder nicht eindeutig geklärt, insbesondere die Pfähle können (vielleicht eher) Teile von Häusern, Speichern oder Brücken sein als ein Mondobservatorium.

Im Museum gibt es einen Überblick über die Kelten und ihre Zeit – für uns war das alles nicht übermäßig informativ, aber nett war es doch. Und man konnte die Funde sehen, insbesondere die Figur des „Keltenfürsten“.



Man weiß natürlich nicht genau, wen die Figur darstellt – da ihre Ausstattung aber dem entspricht, was an Grabfunden des Bestatteten gefunden wurde, nimmt man an, dass es ein Abbild dieses Kriegers ist. Bemerkenswert ist dabei die haubenförmige Kopfbedeckung, die meist als „Mistelblattkrone“ gedeutet wird. Finde ich ja nicht besonders naheliegend, aber bitte. Neu war mir an der Stelle, dass auf dem Gelände noch Teile von weiteren Figuren gefunden wurden, die ebenfalls eigenwillige Kopfbedeckungen trugen. Vielleicht kommt da noch mehr, es ist längst noch nicht alles ausgegraben und erforscht.

Wir waren im Museum, wir waren im Garten und dann auf dem Gelände des Grabhügels. Dann sind wir Richtung Glauberg gegangen und dann haben wir erst mal ausprobiert, ob uns da ein Rettungswagen findet. :p Aufregung und Abenteuer, auf die wir gern hätten verzichten können, aber es war zum Glück nichts Schlimmes oder Langwieriges.

Am nächsten Tag dann Römer:



Das ist das Kastell Saalburg. Ein Weltkulturerbe, das um 1900, finanziert von Kaiser Wilhelm II., rekonstruiert und aufgebaut wurde. Das bestehende Bauwerk entspricht also dem Forschungsstand des 19./20. Jahrhunderts und steht selbst schon wieder unter Denkmalschutz.



Wie man sieht, war es sehr neblig – das fand ich sehr passend, um einen Ausflug in eine andere Zeit zu machen. Mystisch und historisch. ;)

Es gibt ein parkartiges Gelände innerhalb der Mauern, außen Fundamente der ursprünglichen Siedlung. Auf den Fundamenten des Kastells wurden die heutigen Gebäude wieder aufgebaut mit Stabsgebäude, Speicher, Fahnenheiligtum, Wohngebäuden und Taverne. Es gibt Ausstellungen darin zur Römerzeit und dem Leben der Römer – und auch eine Führung, die uns durchs Gelände geführt hat (aber auch nicht riesig informativ für uns).



Und es gibt die „Sonntags-Römer“, die am Wochenende das Kastell beleben. Da waren die beiden germanischen Söldner am Tor und dann die Truppe an den Backöfen, die Brote nach historischem Rezept buken (genauer gesagt Brot nach Analysen von verbrannten Broten in Pompeji). Das haben wir natürlich gekostet – und da haben wir auch die Sache mit den Hosen und Socken geklärt. Ja, in Germanien trugen auch die Römer Hosen, selbst wenn sie das bei ihrer Ankunft noch barbarisch und weibisch fanden. Das Klima war doch zu unwirklich und unfreundlich, für so zivilisierte Ansichten. ;)



Wir haben in der Taverne den Teller historischer Spezialitäten gegessen, das war auch sehr passend und sehr lecker. :)

Wir sind noch ein bisschen über das Gelände gelaufen, in malerischer Nebel- und Herbststimmung. Sehr schön. :)




Stimmung:
historisch
rabensturm: (drei)
Wir nennen es immer noch Weinfestwochenende, wenn wir uns um den 3. Oktober treffen, auch wenn es dabei nicht zwingend zum Weinfest gehen muss. Das haben wir viele Jahre lang gemacht, das ist nicht mehr sooo spannend und zu Wein kommt man auch anders. ;)

Diesmal verbrachten wir dieses Wochenende in Lorsch, einem kleinen Städtchen im äußersten Zipfel von Hessen, dass immerhin über ein – auch eher kleines- Weltkulturerbe verfügt. Das Kloster Lorsch:



Das ist nicht das Kloster – vom Kloster gibt es nicht mehr wirklich etwas zu sehen. ;) Das ist ein karolingisches Gebäude, mehr als 1000 Jahre alt, das wahlweise als Torhaus oder Königshalle bezeichnet wird – aber vermutlich war es beides nicht.

Aber fangen wir am Anfang an:

Im Jahre 764 gründeten die Benediktiner ein Kloster an der Weschnitz, etwas außerhalb vom heutigen Ort (der erst nachträglich als Siedlung zum Kloster entstand). Recht bald nach der Gründung besorgte man sich Reliquien aus Rom (Stücke vom Heiligen Nazarius), die dem Kloster in kürzester Zeit enormen Aufschwung verschafften. Es kamen Pilger, das Kloster bekam Schenkungen an Land und anderen Gütern, so dass es bereits 771 zum eigenständigen Reichs- und Königskloster wurde.

Bald wurde das Kloster von der feuchten Aue:



Auf einen Hügel in der heutigen Stadt verlegt (eine eiszeitliche Sanddüne) verlegt. Dort wurde eine neue große Kirche gebaut, dann (frei stehende) Glockentürme und dann irgendwann ein verbindungsbau zwischen Kirche und Glockentürme. Ringsum fanden sich zahlreichte Klostergebäude und Wirtschaftsgebäude und rings um alles die Klostermauer.

Heute steht noch die Klostermauer und das Zwischengebäude zwischen Kirche und Türmen als Fragment des alten Kirchenbaus. Im Zuge der Reformation war das Kloster aufgelöst worden und diente als Quelle von Baumaterial.

Aufgrund seiner Bedeutung im Mittelalter – hier war Karl der Große (als er noch nicht Kaiser und noch nicht groß war), hier machte Papst Leo IX. einen Besuch, hier wurden Könige bestattet – wurde das Gelände in den 80iger Jahren zum Weltkulturerbe.

Schmuckstück des Ganzen ist heute die Königshalle, deren ursprüngliche Funktion allerdings noch ungewiss ist. Für eine Halle ist sie zu klein, sie stammt nicht aus der Zeit von Karl dem Großen und für eine Torhalle passt die Position nicht, da sie sich immer innerhalb der Mauer als freistehendes Gebäude befunden hat.

Mit einer Führung kann man in das Gebäude, das sehr hübsch restauriert ist und innen zahlreiche Fresken aus verschiedenen Zeiten zeigt. Man sieht auch Zeichen der Veränderungen, der verschiedenen Bauphasen, aber insgesamt ist das Gebäude wohl bemerkenswert karolingisch.



Ich fand vor allem spannend, dass die bunten Steine der Fassade keine Deko-Elemente sind, keine Fliesen, sondern die verschiedenfarbigen Mauersteine zeigen. Die Mauer besteht also aus sechseckigen und dreieckigen Elementen, die zusammen dieses Muster ergeben. Sehr hübsch.

Wir haben also eine Führung mitgemacht, waren auch im Museum, das auch einen Einblick zur langjährigen Tabaktradition der Gegend gegeben hat. Wir waren auch im kleinen Klostergarten und haben uns das Gelände angeschaut. Sehr hübsch, auch das Städtchen ringsum ist sehr hübsch.



Es gibt auch ein hübsches kleines Freiluftmuseum, ein Nachbau keltischer (?) Siedlungen – aber da sind wir nicht reingekommen, das ging nur zu wenigen Zeiten mittels Führung.

Lorsch hatte jedenfalls Infrastruktur, um sich ein paar Tage aufzuhalten, wobei wir eine wirklich sehr schöne Ferienwohnung hatten.

Am nächsten Tag sind wir nach Weinheim gefahren – das ist schon Baden-Württemberg und auch sehr hübsch und historisch mit viel Fachwerk, vielen Türmen und einem Schloss.



Wir sind entlang eines Altstadtspazierganges spaziert – eine gute Idee, aber nicht so richtig schön ausgeschildert. Wir haben die hübschen Häuschen bewundert und später leckeren Flammkuchen gegessen. Und wir haben im Schlosshof die prächtige Zeder bewundert – eine der größten und ältesten Libanonzedern Deutschlands:



Sehr hübsch. Alles keine riesigen Ausflüge, aber das war ja auch nicht nötig: Wir wollten Zeit miteinander verbringen und dabei ein bisschen was sehen.

Nächstes Jahr aus historischen Gründen vielleicht mal wieder Meißen…

Stimmung:
unterwegs

Fulda

14 Jun 2024 05:11 pm
rabensturm: (kompass)
Um uns vor dem Sommerurlaub noch mal zu sehen, sind Silph und ich, jeweils 3,5 Stunden in die andere Richtung gefahren – wenn man das von Dresden und Köln aus tut, kann man sich dann in Fulda treffen (und wenn alle Züge planmäßig fahren).

Wir waren vor ein paar Jahren schon mal in Fulda, deshalb waren die Besichtigungen quasi schon erledigt, so dass wir uns ganz gemächlich treiben lassen konnten. Keine to-do-Liste, nur anschauen, worauf wir Lust haben. Und da bietet Fulda durchaus einiges. Den alten Eintrag hab ich aber auch wiedergefunden: 2016 in Fulda

Wir waren jetzt ja schon einige Male auf den Spuren des heiligen Bonifatius unterwegs – vor allem, weil er Mitteldeutschland missioniert hat, vor allem die Franken und das eben auch für uns eine günstige Gegend zum Treffen ist.

Der Tag des Heiligen Bonifatius ist der 5. Juni, am Sonntag danach findet das Bonifatiusfest vor dem Dom in Fulda statt, mit einer großen Wallfahrt und Chor und Messe. Darauf waren wir nicht vorbereitet, so dass es uns doch etwas.. äh… überraschte, als am Sonntag vor um 8 Glockenklang, Gesang und Blasmusik durch das Hotelfenster schallte. Halleluja!



Aber es war auch irgendwie unterhaltsam – und ja, wir hatten ein sehr zentrales Hotel.

Wir haben die Zeit der großen Messe genutzt, in die Michaelskirche zu gehen, da war ja jetzt Ruhe, wenn alle am Dom beschäftigt waren.



Die Michaelskirche ist ein bedeutender mittelalterlicher Sakralbau in vorromanischem karolingischem Baustil. Schlicht und schön, und ja, das Oktogon erinnert mich an den Dom in Aachen und Karl den Großen (auch wenn wohl nur noch die Krypta wirklich karolingisch ist).



Der Innenraum ist jedenfalls sehr schön, es gibt auch noch Fresken zu entdecken und schöne Lichtstimmungen. Das war wirklich sehr schön, die Kirche quasi für sich selbst zu haben. Auch die Krypta ist sehr schön:



Ansonsten sind wir durch die Stadt gestreift, haben im Stadtpark gesessen, sehr gut gefrühstückt, wir waren sogar schwimmen. Fulda eignet sich wirklich gut für ein Treffen, es liegt wie gesagt zentral, hat aber auch reichlich Lokalitäten und Sehenswürdigkeiten, obwohl die Größe doch überschaubar ist. Angenehm.



Wir hatten aber auch herrliches Wetter, das macht alles noch mal hübscher.

Der Rückweg hat sich bei mir dann doch ganz schön hingezogen. Kaum in Fulda aufgebrochen, stand mein Zug 3 Stunden am Bahnhof von Bad Hersfeld, weil ein vorausfahrender Güterzug mit kaputter Bremse offenbar auf 15 km Böschungsbrände ausgelöst hatte… das dauert natürlich, das alles zu kontrollieren und zu löschen. Natürlich wäre eine kürzere Reisezeit besser gewesen, aber da ich ja nur nach Hause wollte und keinen Anschluss brauchte, war es nicht so schlimm. Abenteuer Bahnfahren. ;)


Stimmung:
unterwegs
rabensturm: (Default)
Wir waren letzte Woche zum Betriebsausflug in Nossen. Neben den Betriebsbesichtigungen (Gefäßstation mit karusellfahrenden Blumentöpfen!) haben wir auch das Kloster Altzella besichtigt. Leider bei Dauerregen, das machte Park und Anlage doch ein wenig unromantisch… aber sehenswert war es trotzdem. Erst recht, da wir eine Führung bei einer sehr engagierten und begeisterten Führerin hatten – das war die Chefin von Schloss Nossen und Kloster Altzella. Die Klosterherrin konnte sich wirklich für alles begeistern, alte Steine, alte Farbschichten, selbst für die Betonplatten und die Straßenlaterne aus DDR-Zeiten – weil das ja auch Geschichte ist. Recht hat sie. :)



Wir starteten an dem seh sehenswerten romanischen Eingangsportal zum Klostergelände… mir scheint, ich habe verpasst, das zu fotografieren, vermutlich weil ich den Schirm halten musste und keine Hand frei hatte. ;)

Wir haben aber auch einige der anderen Gebäude angeschaut, eine Scheune, das Konversenhaus mit den sehr schönen Räumen (ehemaliges Refrektorium, ehemaliger Schlafsaal).



Sehr stimmungsvoll, das kann man sich gut für Veranstaltungen vorstellen, um so mehr, wenn diese auch romantisch nur bei Kerzenlicht stattfinden. :)

Was die Klostergeschichte angeht:

Altzella war eine Zisterzienserabtei und gehörte im Mittelalter zu den bedeutendsten Klöstern Mitteldeutschlands. Hier war von 1190 bis 1381 Erbbegräbnisstätte der Wettiner und bildete die letzte Ruhestätte beispielsweise für Otto den Reichen, Heinrich den Erlauchten und Friedrich den Gebissenen. ;)

Nach der Reformation wurde das Kloster aufgelöst und enteignet. Erst im 18. Jahrhundert erinnerte man sich an die bedeutenden Grabstätten – Kurfürst Johann Georg II. stellte wohl etwas peinlich berührt fest, dass die Ruinen der edlen Vorfahren nicht würdig waren. Er ließ also auf den Ruinen der Klosterkirche ein Mausoleum errichten, das auch heute noch steht:



Außerdem wurde ringsum ein sehr schöner Landschaftspark erreichtet, der im Gegensatz zu den Follies in den englischen Parks über echte Ruinen verfügt.



Da war auch Caspar David Friedrich bezaubert. ;)

Geschichtlich ging es für Altzella weiter als landwirtschaftliches Gut, auch in der DDR-Zeit wurde es so genutzt. Noch heute gibt es in Altzella eine Außenstelle des Landesgestüts. Außerdem finden im Park und den Gebäuden Konzerte und Veranstaltungen statt und man kann da auch heiraten.

Ich war… zu Studienzeiten… schon mal da, hab quasi nichts wiedererkannt. – Ich denke, bei schönerem Wetter schau ich mir das in Ruhe noch mal an. Lohnt sich. :)


Stimmung:
nass
rabensturm: (drei)
Twitter ist seit der Übernahme von Dingens ein… schwieriger Ort, aber die Kleine Kunstklasse ist und bleibt ein Hort von Freundlichkeit und Kreativität. Dort habe ich jetzt schon seit ein paar Jahren ein sehr schönes kreatives Umfeld gefunden, das mich für viele Sachen motiviert und bestärkt hat, so viel wie in den letzten Jahren hab ich nie gezeichnet. ;)

Es ist schon eine Weile her, dass die Idee eines realen Klassentreffens aufkam. Irgendwann im Herbst (?) letzten Jahres wurde ein Termin gefunden und eine Klassenkameradin, die sich um die Organisation kümmerte. Dann passierte lange nix, aber wir hatten den Termin, wir hatten ein Quartier und letztes Wochenende war es tatsächlich soweit, wir haben uns im Jugendhaus Hardehausen getroffen, einem ehemaligen Kloster etwa 50 km nordlich von Kassel. Das war zwar ein ganzes Stück zu fahren für mich (6 Bundesländer!), aber doch ziemlich zentral. Und es hatte alles, was wir brauchten: hübsche Aussichten zum Abzeichnen, ordentliche Zimmer, einen passenden Gruppenraum, schöne Umgebung. Außerdem war es günstig und es gab gute Versorgung mit Vollpension. Kreuze und Heilige natürlich auch und auch schon mal abends religiose Gesänge und Tänze auf der Wiese – aber das war sicher nicht hinderlich.


Malerisch auch die Kirche, die von außen eher nach Betonklotz aussieht, innen aber sehr klar und schlich ist, das hat mir gut gefallen. Wir haben nur vergessen, noch mal mit Geld beim Süßwarenstand aufzutauchen.



Etwas irritierend fand ich auch die Videokunst im Vorraum der Kirche mit nackten Menschen, Yoga und full frontal nackig…

Wir haben uns ziemlich schnell in unserem Gruppenraum eingerichtet und losgezeichnet. Und gequatscht und geguckt und gezeichnet. Es ging ja vor allem um gemeinsame Kreativität und den Austausch und kennenlernen. Das hat prima geklappt, das machen wir wieder. :)



Einen Werkraum hätten wir auch haben können, aber der war fensterlos und eher… ungemütlich…



Da war unser Gruppenraum gleich neben den Zimmern doch besser.

Auch das Außengelände war hübsch. Wir sind herumspaziert und haben geguckt, wir haben auch draußen gesessen und draußen gezeichnet.



Nur auf dem Weg zu den Wisenten hatten wir keinen passenden Platz zum Zeichnen, aber da war Gucken auch völlig in Ordnung: Landschaft, Wildpferde, Wildschweine, Wisente und einen spannenden Turm mit Doppelhelixtreppe:



Rinder konnten wir aber auch aus dem Schlafzimmerfenstern sehen…

Auch zeichnerisch hat sich das Wochenende gelohnt, finde ich. Ich habe einiges geschafft, mit dem ich auch recht zufrieden bin – Architektur, Tiere, Menschen. Wir haben ATC gezeichnet und gleich leibhaftig ausgetauscht, auch mit Wunschmotiv, das freut das Sammlerherz. Und wir haben uns auch hin und hergezeichnet, das war auch sehr spannend.





Doch, das machen wir wieder. Gerne auch wieder in Hardehausen. Und das Selbstversorgerforsthaus können wir mal für Wanderplanungen im Hinterkopf behalten…



Stimmung:
bunt
rabensturm: (wald)
Letztes Wochenende war ich im Wendland, das neue Haus eines Freundes besuchen. Beeindruckendes Anwesen – aber auch eine sehr malerische Gegend, zumal jetzt die richtige Zeit für eine solche Landpartie ist, wo alles grünt und blüht, Kastanien und Raps und Maifarben.

Das Wendland liegt im östlichen Niedersachsen, angrenzend an Sachsen-Anhalt. Es ist sanft hügelig mit weiten landwirtschaftlichen Flächen, mit Wäldchen und Alleen und schönen Dörfern mit Fachwerkhöfen. Die Elbe fließt hindurch, ihre Auen sind sehr malerisch und können am Elberadweg erkundet werden. Es gibt viele Pferde – klar, Niedersachsen – und eben well ordered landscape.



Bekannt ist die Gegend durch die Proteste um das Atommülllager Gorleben und die Ausrufung der freien Republik Wendland – das hat damals neben den Aktivisten auch viele Freigeister und Künstler angezogen, die die Region im ehemaligen Zonenrandgebiet durchaus prägen und lebendig machen. Es ist eine Touristengegend und vermutlich gibt es da eine Menge zu entdecken auch für längeren Aufenthalt.

Wir waren nur ein Wochenende da, haben ein bisschen was von der Landschaft gesehen – aber immerhin ein Hügelgrab gefunden. *g*



Das ist Leidstade 1, ein ziemlich großes und ziemlich beeindruckendes Hügelgrab. Irgendjemand scheint sich darum zu kümmern, es war freigeschnitten von Gestrüpp, aber mehr als ein allgemeines Schild zu Hügelgräbern war vor Ort nicht zu finden. Der Name lässt auch vermuten, dass es noch Nr. 2 oder mehr gibt… vielleicht mal recherchieren, sollte man mal wieder in der Gegend sein…

Stimmung:
historisch
rabensturm: (drei)
Üblicherweise sind wir um den Feiertag des 3. Oktober immer in der Gegend um Karlsruhe, um Michaela zu treffen. Und um zum Weinfest in der Pfalz zu gehen. Das ging wegen Corona letztes Jahr schon nicht, da haben wir uns in Schwäbisch Hall getroffen. Ein Ziel, das für uns aus dem Osten mal nicht ganz so weit weg war.

Dieses Jahr hatten wir als Ziel Bad Wimpfen angepeilt, aus ähnlichen Gründen – es sollte hübsch sein und nicht ganz so weit im Westen. Außerdem beschränkte sich unser Ausflug diesmal nur auf das Wochenende, weil der Feiertag ja eher ungeschickt lag (so wie auch die restlichen Feiertage dieses Jahr).

Unser Quartier haben wir in Brackenheim aufgeschlagen, das ist etwa 25 km von Bad Wimpfen entfernt. Da gab es ein sehr hübsches Quartier, deshalb haben wir den Ort und den Weg in Kauf genommen. War auch wirklich schön in der Alten Apotheke – außen historisches Fachwerkhaus, innen moderne Wohnung. War prima, gerne wieder.



Brackenheim ist ein Ort von überschaubarer Größe und obskurer Verkehrsführung. Es gibt hier viele Fachwerkhäuser, das ist schon sehr malerisch.

Noch mehr Fachwerk gibt es dann in Bad Wimpfen.



Die Stadt (nicht mal halb so groß wie Brackenheim) kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Hier siedelten bereits Kelten und Römer, bereits zu dieser Zeit war hier eine wichtige Verkehrsverbindung und ein Übergang über den Neckar. Später wurde die Stadt Königspfalz der Staufer, Reichsstadt, Solestadt, Kurstadt.

All das haben wir bei einer Stadtführung erfahren. Das war sehr informativ, die Dame hat das wirklich prima gemacht.



Das sind Teile der Stauferpfalz, die immerhin die größte erhaltene Königspfalz nördlich der Alpen ist. Es gibt noch große Teile der Stadtmauer, eine Kapelle, romanische Arkaden und Türme. Einiges wurde im Laufe der Jahrhunderte umgebaut, vor allem errichtete man Wohnhäuser innerhalb der Pfalz. Das führt dazu, das man in vielen dieser Wohnhäusern Teile der Stadtmauer findet, weil man so den Bau einer Wand einsparen konnte.

Auch die Türme sind hübsch:



Der eckige ist der Rote Turm, weil der einst ein rot gedecktes Dach trug. Der mit den kleinen Ecktürmchen ist der Blaue Turm – die vier Ecktürme verweisen dabei auf die selbstständige (Blut)Gerichtsbarkeit der Stadt. Und das ganz kleine Türmchen ist das Nürnberger Türmchen, das nach dem 30jährigen Krieg mit Hilfe der Stadt Nürnberg gebaut wurde. – Die Stadtführerin erzählte hierzu, dass die Reichsstadt Nürnberg der Reichsstadt Bad Wimpfen reichlich Spenden für den Wiederaufbau nach dem Krieg zukommen ließ (weil es ein wichtiger Markt und Verkehrsknotenpunkt war) und die Bad Wimpfener als Dank das armselige kleine Türmchen für die Nürnberger errichteten.

Doch, alles sehr hübsch. Man kann in der Stadt viel entdecken und sich sicherlich noch viel länger aufhalten. Wir hatten die Stadtführung und sind selbst noch ein bisschen durch die Stadt geschlendert. Auf Bad Wimpfen im Tal hatten wir dann aber keine Lust mehr, was sich aber sicher auch lohnt (Gotische Stiftskirche eines Ritterstiftes). Ein andermal vielleicht.

Wir haben in Bad Wimpfen noch eine Kleinigkeit gegessen und sind dann wieder nach Brackenheim zurückgefahren. Sehr viel mehr haben wir dann das Wochenende auch nicht besichtigt. Wir waren gesellig – darum geht es ja schließlich an dem Wochenende. Das wir uns mal wieder in dieser Runde treffen und Zeit miteinander verbringen können. :)

Essen und Trinken waren alle ausgesprochen gut (Impfnachweis wollte niemand sehen). Wir waren dort:

> Dolce Vita Brackenheim (ich hatte Tagliatelle mit Garnelen und ein köstliches Tiramisu als Nachtisch)
> Café Anna Blume in Bad Wimpfen (ich hatte sehr leckeren Maultaschensalat)
> Besenwirtschaft Leiterwägele Celeborn Cleebronn (da hatte ich einen Burger aus geröstetem Schwarzbrot mit Fleisch und Käse)

Sonntag ging es dann nach gemütlichem Frühstück zurück, so viel Zeit war ja nicht an einem Wochenende ohne zusätzlichen Feiertag. Immerhin haben wir so am Tag der Einheit die ehemalige deutsch-deutsche Grenze überschritten/überfahren – ich finde das ja durchaus immer einen Moment der Dankbarkeit wert, dass sowas so einfach geht heute. :)

Stimmung:
historisch
rabensturm: (Wächter)
An einem Tag waren wir im Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen. Das ist – wenn ich es richtig verstanden habe – eines von sieben regionalen Freiluftmuseen in Baden-Württemberg und repräsentiert die fränkischen Landesteile. Es gibt mehr als 60 Gebäude, die hierher umgesetzt und rekonstruiert wurden. Ein Gehöft wohnte auch schon immer hier, andere kommen immer noch dazu.



Die Gebäude gruppieren sich nach Region bzw. Charakteristik, so gibt es zum Beispiel ein Weinbauerndorf und ein Waldbauerndorf. Es sind viele sehr alte Gebäude dabei, es gibt aber auch Beispiele aus der jüngeren Geschichte, Werkstätten, Gasthöfe, die lange genutzt wurden. Eine Schule, eine Kapelle, Armenhaus und Gefängnis – aber auch Kegelhalle, Bahnhof und Kramladen.



Das ist alles sehr hübsch anschaulich und so großflächig, dass wir nicht alles geschafft haben. Ich mag es, dass das Museum „belebt“ ist mit alten Haustierrassen, dass manchmal auch Handwerk vorgestellt wird, dass man im Gasthof einkehren und im Laden einkaufen kann. Das macht alles anschaulich und lebendig. Ich mochte es auch, dass es immer mal Lebensgeschichten von ehemaligen Bewohnern nachlesen konnte – oder Bewohnerinnen, weil die Frauenschicksale in einer Sonderaktion noch mal extra aufgearbeitet wurden. Sehr schön, die kommen historisch ja auch gerne zu kurz.



Daneben gab es auch baugeschichtliche Erläuterungen, um anschaulich zu machen, wie die Fachwerkhäuser über die Jahrhunderte gebaut wurden, wie sie bemalt und ausgestattet wurden und die Leute darin lebte. Und, wie die alten Häuser transloziert und rekonstruiert wurden.



Eine weitere Sonderausstellung beschäftigt sich mit der Minderheit der Jenischen, fahrenden Leuten, die wohl seit dem 30jährigen Krieg in Süddeutschland und der Schweiz unterwegs waren bzw. sind, oft als Scherenschleifer, Bürstenmacher, Musikanten… und die heute noch einen Anteil an Schaustellern und fahrenden Händlern stellen.



Hier der Blick in einen Wagen.

Mir sagte das was, ich hatte von den Jenischen schon mal gehört, wenn auch nicht so ausführlich und informativ, wie es im Museum präsentiert war. Es gab Informationen zur Lebensweise über die letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte, die Sprache und Kultur – und auch zur Ausgrenzung und Unterdrückung. Noch bis in die 70iger Jahre wurden den Jenischen die Kinder weggenommen, um sie „anständig zu sozialisieren“. Von den Gräueln der Nazizeit ganz zu schweigen, bei denen die „Fahrenden“, „Zigeuner“ und „Asozialen“ weggesperrt, getötet oder euthanasiert wurden – ohne dass es nach dem Krieg große Konsequenzen gab…

Ich habe aber auch gelernt, dass der Igel ein traditionell mit den Jenischen verbundenes Tier ist, weil er ein Überlebenskünstler ist. Und ich hab mir ein bisschen was von der Jenischen Sprache gemerkt, zu der es ein paar Einblicke zu hören und zu lesen gab. Ich hätte von selbst keins von den Worten erkannt, mag aber die anschauliche Wortbildung – so sind beispielsweise die Augen „Scheinling“ und die Butter „Schmierling“. Schmierling ist super. *g*

Wir sind ein paar Stunden im Museum unterwegs gewesen, haben gepicknickt und das glücklicherweise schöne Herbstwetter genossen. Alles haben wir nicht gesehen, dazu reichte die Zeit nicht – aber das ist schon ein sehr empfehlenswertes Museum.

*

Das andere Museum, das wir angeschaut haben, war die Johanniterkirche in Schwäbisch Hall, in der es Alte Meister zu sehen gab.



Die ursprünglich romanische, später gotisch ergänzte Kirche hat schon im 19. Jahrhundert ihre religiöse Funktion verloren. Sie wurde dann Lagerhalle, Turnhalle, wasauchimmer, bis sie nach umfangreicher Restaurierung seit 2008 als Ausstellungsraum der Alten Meister der Kunstsammlung Würth dient. Ich sprach ja schon vom Mäzen der Stadt. Hier kommt man dadurch in den (kostenfreien!) Genuss hochkarätiger Gemälde und Skulpturen aus dem 14. – 18. Jahrhundert.



Dabei sind so berühmte Namen wie Cranach, Hohlbein, Riemenschneider, Grünewald… da schlackern einem schon die Ohren bei der gesammelten Pracht.



Prunkstück der Sammlung ist im Moment die Darmstädter Madonna von Hans Hohlbein dem Jüngeren.



Mir haben auch andere Bilder sehr gut gefallen, das hat sich sehr gelohnt, da mal durchzuschlendern, auch wenn wir recht spät vor Toresschluss da waren und dann wortwörtlich rausgekehrt wurden (die Reinigungsfrau schrubbte uns hinterher). Vermutlich lohnen sich auch die anderen Museen der Kunstsammlungen Würth – aber so lange waren wir nicht in der Gegend. Ein andermal vielleicht…

Stimmung:
gebüldet
rabensturm: (drei)
Normalerweise treffen wir uns über das Wochenende mit dem 3. Oktober immer zum Weinfest – aber Weinfest ist dieses Jahr inderaktuellenSituation ja keine so gute Idee. Wir haben gleich gesagt, dass wir da nicht hinwollen, es wurde dann wohl auch abgesagt. Treffen wollten wir uns trotzdem, ohne Weinfest konnte das auch mal wo anders sein, wo vielleicht der Weg nicht so weit ist.

Michaela hat uns daraufhin ein entzückendes Quartier in Schwäbisch Hall besorgt – das war eine sehr gute Idee. Die Stadt ist überraschend hübsch (und überraschend hügelig).



Ich muß zugeben, dass ich außer alten Werbesprüche nichts mit Schwäbisch Hall anfangen konnte – aber jetzt haben wir gelernt, dass es eine alte Salzstadt ist, die mit Salz- und vor allem Weinhandel sehr reich geworden ist. Davon zeugen noch heute die wunderschönen, toll restaurierten Fachwerkhäuser, die Michaeliskirche, das prächtige Rathaus und der hübsche Marktplatz:



Wir sind alleine durch die Altstadt spaziert, haben uns umgeschaut und Schilder gelesen. Wir hatten aber auch eine Nachtwächterführung gebucht und so von kundigem Führer noch allerlei Wissenswertes erfahren.



Schwäbisch Hall liegt am Fluss Kocher, der hier auch Inselchen bildet. Sie liegt in Unterfranken, auch wenn der Name anderes vermuten lässt. Die Salznutzung geht bis auf die Kelten zurück – die Römer kannten die Quelle nach bisherigen Erkenntnissen allerdings nicht. Erst im 19. Jahrhundert, als Salzbergwerke aufkamen, verlor die Salzgewinnung in Schwäbisch Hall ihre Bedeutung. 1924 wurde der Salinenbetrieb geschlossen, es gibt heute aber noch Hobby-Salzsieder, denen man wohl auch bei besonderen Gelegenheiten über die Schulter schauen kann.



Alles sehr hübsch. Neben dem ganzen historischen Kram gibt es auch moderne Kunst in der Stadt zu sehen. Der Mäzen Reinhold Würth (das ist der mit den Schrauben) hat da an vielen Stellen für gesorgt. Das ist sehenswert beim Gang durch die Stadt und lohnt sicherlich auch diverse Museumsbesuche.

Wir waren im Freiluftmuseum von Schwäbisch Hall und in der Johanniskirche mit ihren beeindruckenden Alten Meistern – aber dazu schreibe ich lieber extra was.

Stimmung:
unterwegs
rabensturm: (drei)
Am letzten Wochenende haben wir einen Ausflug in die weitere Umgebung gemacht – wobei, Luftlinie ist es gar nicht so weit, das liegt nur 9 km von Großenhain entfernt, wir haben dank Umleitungen und Umleitungen nur ewig gebraucht und sind durch Gegenden gefahren, die kein Mensch zuvor gesehen hatte. :p

Wir wollten in den Barockgarten Zabeltitz – Gärten gehen ja immer:



Für die Umleitung konnte der Garten nichts, aber dass die Sehenswürdigkeit nirgends ausgeschildert war, ist schon ein bisschen befremdlich. Es gibt ein Schild an der Autobahn, über Land dann aber nichts mehr und in der direkten Umgebung auch nicht. Das ist schade, weil das Anwesen ja schon ein wenig in Dornröschenschlaf zu liegen scheint und nicht gerade an Touristenstrecken, wo man sowieso vorbeikommt.

Zur Anlage gehört das Kurfürstliche Stallgebäude im Renaissancestil – das Alte Schloss – das von den Sächsischen Kurfürsten Christian I. und II. aus- und umgebaut worden war. Dann das Palais, das ist ein Barockschlösschen auf den Grundmauern einer alten Wasserburg. Wassergräben gibt es auch noch, einen Barockgarten und einen englischen Landschaftsgarten mit See und Insel.



Das Barockschlösschen und die Barockgartenanlage wurden vom Grafen von Wackerbarth errichtet. Der war auch für die Link Barockanlage Großsedlitz
verantwortlich, mag sein, dass uns deshalb ein bisschen was bekannt vorkam.



Auf jeden Fall eine idyllische Anlage, die man in den Landschaftspark sicher noch hübsch durchwandern kann: Wir sind nur durch den Park geschlendert, haben den schwarzen Schwänen und den Monsterkarpfen am Teich zugesehen und haben um die Ecke geguckt bei der Hochzeit und der Schulanfangsfeier am Alten Schloss. Ob man auch irgendwo reinkann… keine Ahnung. Am Palais gab es zwar eine Touri-Info, aber ob man tatsächlich auch Schlossräume sehen kann… ich weiß es nicht. Wie gesagt, es fühlte sich touristisch alles nicht so recht erschlossen an, obwohl im Park Infotafeln standen, der Ort sehr hübsch ist und auch ein kleines Museum hat. Es wirkt nur alles ein wenig… am Ende der Welt. ;)

Auf dem Rückweg durften wir dann noch mal ausgiebig mit den Umleitungen um Großenhain Bekanntschaft machen. Wir sind Richtung Elbe gefahren, weil wir um Diesbar herum was zu essen suchen wollten. Das ist ja Touristengegend. ;) Wir waren dann im Jägerheim Löbsal, da war es sehr nett, sehr pandemiekonform und lecker außerdem. :)

Stimmung:
im Garten
rabensturm: (wald)
In und um Schauenburg

Eigentlich wollten Silph und ich im Mai einen Swing-Workshop besuchen und ein gemeinsames Wochenende verbringen – aber das war ja nichts dank Corona. :/ Keine Veranstaltung und auch kein Bedürfnis, viele Stunden mit vielen Menschen in einem Zug zubringen zu wollen. Aber im Juni vielleicht eine Ferienwohnung, irgendwo, wo man mit dem Auto hinkann…?

Jetzt ist Juni. Letztes Wochenende haben wir uns also jeweils ins Auto gesetzt, ich bin vier Stunden nach Westen gefahren, Silph vier Stunden nach Osten – da trifft man sich dann in der Gegend von Kassel. Genauer gesagt sind wir in Schauenburg gelandet, wo wir eine brauchbare Ferienwohnung in schöner Umgebung gefunden hatten.



Schauenburg ist eine Gemeinde, die sich aus einigen Einzeldörfern zusammensetzt. Sie befindet sich an der deutschen Märchenstraße und am Rande des Habichtswaldes. Märchenstraße und Märchenwald. :) Vom Wald haben wir durchaus auch was gesehen, wir haben auch zwei Hügel erklommen und zwei Burgruinen angeschaut (und natürlich viel gequatscht und Scrabble gespielt). Das Ganze total sozial distanziert, weil wir weder Essen waren noch sonst wie groß mit den Einheimischen interagiert haben. ;)

Burgruine Schauenburg:



Das war die erste Burg, die wir angeschaut haben; die Ruine hat der jetzigen Gesamtgemeinde den Namen gegeben. Viel ist nicht mehr übrig, die zwischen 600 und 800 erbaute Burg war nach diversen Besitzerwechseln bereits im 16. Jahrhundert verfallen und nicht mehr bewohnbar. Aber die Aussicht ist hübsch von da oben und der Spaziergang auf den Berg und rund um den Berg war auch sehr angenehm.

Schloß Riede:

In einem Nachbarort von Schauenburg gibt es ein hübsches kleines Renaissanceschlösschen, dessen ehemaliger Besitzer sich von Kassel und der Wilhelmshöhe inspirieren ließ.



Der Schloßpark wurde im 18. Jahrhundert wie ein englischer Landschaftsgarten gestaltet, er zog sich am Osthang den Berges hinab, so wie die „richtige“ Wilhelmshöhe. Im Park und Wald finden sich noch heute Gedenksteine und kleine Gebäude, die mit Sichtachsen miteinander und mit dem Schloss verbunden sind. Vom „Tempel der Freude“ gibt es nur noch ein paar Mauern, der „Strohtempel“ ist jetzt eine Wanderhütte, aber der Obelisk für die verstorbene Schwester des Schlossherren war noch zu besichtigen und natürlich der Rapunzeltum oben auf dem Berg.



Also eigentlich heißt er Klauskopfturm, aber an der deutschen Märchenstraße darf man ja wohl Rapunzel dort vermuten. ;)

Der Turm wurde 1857 errichtet und bietet eine schöne Aussicht auf das Umland. – Wenn man sich die etwas rostige Wendeltreppe mit den durchlöcherten Stufen hochtraut. So ganz vertrauenserweckend erschien uns das nicht, aber wir sind ja heil hoch und wieder runtergekommen. Aber Rapunzelhaar wäre an der Stelle auch nicht hilfreicher gewesen. ;)

Wir sind auch noch den einen Rundweg um den Berg gegangen, das war auch sehr schön im Märchenwald und vor allem mit der Ruhebank, die es dann mit Schlossblick noch gab. Da konnte man gemütlich sitzen und Park und Schloss und Streuobstwiese betrachten, das war schon sehr schön da.

Burgruine Falkenstein:



Diese Burgruine lag in Laufweite von unserem Quartier, da haben wir einen sehr schönen Abendspaziergang hingemacht. – Ganz allgemein ist festzustellen, dass es im Naturpark Habichtswald sehr viele sehr gut ausgeschilderte Wege gibt.

Von dieser Ruine ist noch ein bisschen mehr übrig, eine ganze Wand mit Fenster, ein paar Wälle und Steine. Die Burg wurde wohl im 13. Jahrhundert und dann im Dreißigjährigen Krieg zerstört – aber da hat wohl schon keiner mehr dort gewohnt, die Burg begann schon zu verfallen.

Das waren dann schon die ganzen Besichtigungen des Wochenendes. Ruinen, alte Steine und Märchenwald. :) Und wogende Getreidefelder mit blühendem Mohn.



Stimmung:
sommerlich
rabensturm: (drei)
An unserem alljährlichen Weinfestwochenende hatten wir wieder ein Quartier in der Pfalz, nicht so weit weg vom Weinfest. Aber Weinfest war ja nicht alles, wir wollten ja auch was von der Gegend sehen. Erster Programmpunkt am Freitag war allerdings erst mal ein Besuch beim Fabrikverkauf von Trauth in Herxheim,wo wir eine Auswahl der äußerst leckeren Schokoküsse mitgenommen haben. *g* Und ein bisschen Varieté war es auch, zu beobachten, wie Leute meterhohe Stapel hinausschleppten.

Die Ruine Hardenburg:

Burgen gibt’s in der Pfalz ziemlich viele – die Hardenburg ist bestimmt eine der größten. Das hat uns ein bisschen erstaunt, weil wir von der noch nie was gehört haben, aber gut, von uns ist das auch ziemlich weit entfernt.

Die Burgruine befindet sich auf einem bergsporn über dem Tal; wir sind also erst mal durch den Wald hinaufgelaufen. Oben standen wir dann vor mächtigen Mauern und den Resten der Toranlage. Wir haben aber erst mal Mittagspause gemacht – das kleine Restaurant da oben hat sich dafür angeboten, da saßen wir gemütlich und das Essen war auch lecker.

Dann aber die Burg. Der Eingangsbereich hat ein modernes Gewand bekommen; dort findet sich heute eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Burg und archäologischen Fundstücken. Übers Dach und einen Teil des Wehrgangs kam man dann in die Ruine:



Das ist wirklich alles sehr groß. Die Anfänge der Burg stammen aus dem 13. Jahrhundert. Hier residierten die Grafen von Leiningen, die über die Gegend herrschten. Über die Jahrhunderte bauten sie die Burg weiter aus, befestigten sie weiter, sie überstand den 30jährigen Krieg und die Pfälzer Erbfolgekriege. Später wurde die Burg zum Renaissanceschloss ausgebaut, bevor die Grafen ein Schloss im benachbarten Bad Dürkheim errichteten und ihre Residenz dort aufschlugen. Dann kamen allerdings die Truppen Napoleons, die die Burg und auch das Stadtschloss zerstörten.

Die Burgruine wurde erst in den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts wieder restauriert und in den jetzigen Zustand versetzt.



Die Fläche ist immer noch beeindruckend, so wie auch die dicken Mauern und besonders das Westbollwerk. Von den Wohngebäuden stehen nur noch einzelne Mauern, da braucht man schon etwas Fantasie, um sich die Pracht vorstellen zu können.



Wir sind viele, viele Treppen gestiegen, durch den tiefen Kies im Burggarten gewatet, wir sind auf den Turm gestiegen und haben in Kellergewölbe geschaut. Es gibt wirklich viel zu sehen auf der Burg – es verwundert uns ein bisschen, dass das nicht besser vermarktet wird. Zumindest der Parkplatz und der Weg zur Burg wirkten doch eher schraddelig… und als größte Sehenswürdigkeit von Bad Dürkheim gilt ein Riesenfass und ein Wurstmarkt. Dabei haben sie diese schöne große Burg!

Wir haben uns Bad Dürkheim aber natürlich auch angeschaut, da wurde das Wetter dann auch besser.



Ein wirklich hübsches Städtchen mit vielen schönen alten Häusern. Wir sind dem gut markierten Stadtrundgang gefolgt und haben so die wichtigsten Ecken im Zentrum gesehen und auch ein paar Informationen dazu gelesen. Das war wirklich nett – und ein Café gab es am Ende auch. :) Das Riesenfass haben wir auf dem Heimweg dann auch gesehen, das hat uns nicht beeindruckt, das sah nach Touristenfalle aus…


Stimmung:
unterwegs
rabensturm: (drei)
Der erste Mai biete sich ja an als Ausflugstag. Da wir vergessen hatten, was wir eigentlich besichtigen wollten, haben Susann und ich uns wieder von den Wandervorschlägen der Dresdner Verkehrsbetriebe inspirieren lassen. Es sollte nicht zu lang sein (ich musste noch Koffer packen), aber eben was Neues. Es gibt noch eine Menge Ecken von Dresden, die wir noch nicht kennen.

Wir haben uns für die Tour Gartenstadt Hellerau entschieden. Bisher endete meine Orientierung da am Abzweig nach Klotzsche oder an der Autobahnauffahrt. Gehört und gelesen hatte ich von dem Viertel aber schon – es wurde 1909 als erste Gartenstadt in Deutschland gegründet. Hier trafen Lebensreformer mit neuen Konzepten zum Wohnen und Arbeiten auf künstlerische Avantgarde.

Die Tour startet am Friedhof Klotzsche, der sich wirklich malerisch am Hang über dem Stadtteil erhebt. Hier liegen einige der für die Entstehung der Gartenstadt prägenden Personen, wie zum Beispiel Karl Schmidt-Hellerau, der Möbelfabrikant, mit dem alles angefangen hatte. Er gründete die „Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst“ und sorgte auch für passende Wohnungen und ein stimmiges Wohnumfeld. Auch das Grab eines Literaturnobelpreisträgers haben wir gefunden: Karl Adolph Gjellerup (Preisträger 1917).



Ein wirklich schöner Friedhof mit sehr abwechslungsreicher Grabgestaltung, schöner Kapelle und wunderschön grünen Bäumen.

Wir folgten dann der Wegführung des Wandervorschlages kreuz und quer durch Hellerau. Wir sahen idyllische Straßenzüge, die man so gar nicht in einer Großstadt vermutete. Von Holzhäusern bis Bauhaus, Jugendstil bis DDR-Einheitlichkeit war da alles dabei.



Auch an den Werkstätten sind wir vorbeigekommen. Heute befinden sich in dem historischen Komplex (mit dem Grundriss einer Schraubzwinge) viele Unternehmen, Künstler, Handwerker. Es gibt Veranstaltungsräume und ein Café. Auch Möbel werden in Hellerau noch gebaut.



Wir hatten an den Werkstätten vor einem Regenguss Schutz gesucht – das Wetter war offenbar noch auf April eingestellt und bot abwechselnd Regen und Sonne.

Ende der Tour war am Festspielhaus Hellerau, das 1911 im Stile der Reformarchitektur erbaut worden war.



Es diente zunächst als Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus – unter anderem lernten hier Gret Palucca und Mary Wigman. Es wurden jährlich Festspiele veranstaltet, zu denen sich die künstlerische Avantgarde traf - so berühmte Namen wie Oskar Kokoschka, Franz Kafka, Emil Nolde, Stefan Zweig und viele mehr. 1937 wurde eine Polizeischule eingerichtet, dann übernahm die Wehrmacht den Komplex, nach dem Krieg die Sowjetarmee. Heute ist es wieder ein Ort der Kunst; ich verbinde es vor allem mit modernen Tanz.



Schon ein eindrucksvolles Gebäude. Moderner Tanz ist nicht so meins, da werde ich eher nicht zu einer Vorstellung gehen, aber das Haus konnte man sich durchaus mal anschauen. Interessant auch die russischen Gemälde in den Treppenhäusern, die den Einmarsch der russischen Truppen nach Deutschland zeigen.

Alles sehr spannend, vor allem aber ist Hellerau ein sehr schönes, idyllisches Stadtviertel. Es ist alles liebevoll restauriert, jetzt im Frühling, wo alles grünt und blüht, ist es natürlich noch mal so schön. Man kann durchaus den Geist der Zeit nachvollziehen, der die Einheit von Kunst und Handwerk anstrebte, von lebenswertem Arbeiten und Wohnen. Alles sehr erstrebenswert – wenn man sich freilich mehr mit den Lebensreformern beschäftigt, findet man auch einige widerliche Auswüchse an völkischen Menschenverbesserungsbestrebungen :p

Hellerau kann man jedenfalls mal anschauen, wenn man in Dresden die Hauptsehenswürdigkeiten schon gesehen hat. Es waren tatsächlich auch andere Menschen unterwegs, die aussahen, als würden sie das Viertel und die Architektur besichtigen. Ansonsten machten die Straßen und Gässchen heute einen eher verschlafenen Eindruck. Aber das ist ja auch ganz sympathisch. ;)

Stimmung:
historisch

Erfurt

26 Oct 2018 09:26 pm
rabensturm: (drei)
Letztes Jahr waren wir in Fritzlar für unser Treffen auf den Spuren des Heiligen Bonifatius. Dieses Jahr war Erfurt der Treffpunkt, wo sich durchaus auch noch bonifatiöse Spuren finden lassen. Außerdem liegt es mittig in Deutschland, so dass die Anreise für alle halbwegs gerecht war. Von Dresden aus war die Anreise sehr einfach, mit dem Zug, der jede Stunde fährt, zwei Stunden. Da ist man mit dem Auto auch nicht schneller.

Die werte Mitreisende hat ihre Bemerkungen zur Stadt und den Sehenswürdigkeiten hier schon mal aufgeschrieben. Meine Eindrücke wollte ich hier aber auch noch festhalten.

Erfurt ist eine sehr schöne Stadt – jeder sagt das – wir sagen das nach eigener Anschauung jetzt auch. Der historische Kern um die Krämerbrücke ist sehr hübsch, der Dom, der hochbeinig über seinen riesigen Vorplatz thront, ist sehr beeindruckend und auch sonst finden sich noch viele sehenswerte Ecken und Winkelchen. Erfurt wurde im Krieg kaum zerstört. Erfurt war im Mittelalter ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt und sehr reich durch den Handel und den Anbau und die Weiterverarbeitung von Färberwaid. Das sieht man noch heute an den prächtigen Gebäuden der steinreichen und stickreichen Händler.



Wir haben eine Stadtführung mitgemacht, da wurden uns auch viele Sprichworte und Redewendungen erklärt, eben auch, dass das „stickreich“ mit dem Blaufärben verbunden war. Für die Verarbeitung (Fermentierung) des Farbstoffes wurde „Urin betrunkener Männer“ benötigt, was nicht eben wie Rosenblüten geduftet haben wird. Mittelalterliche Städte dürften eh keine Freude für moderne Nasen gewesen sein, im Färber- und Gerbergewerbe erst recht nicht. „Man konnte die Stadt riechen bevor man sie sehen konnte.“

Mit der Führung waren wir auch im Rathaus, das über zahlreiche großformatige Historiengemälde verfügt, die die Geschichte der Stadt erklären, von Bonifatius über Luther hin zu Napoleon und den Preußen, die die jahrhundertelange Zugehörigkeit zum Bistum Mainz ablösten. Das war spannend – und der Ratsaal mit seiner prächtigen Ausstattung ist wirklich sehr beeindruckend.

Erfurt ist lange schon Universitätsstadt (auch Luther studierte hier), was der Stadt heute noch einen jungen Eindruck verleiht. Überhaupt machte die Stad einen sehr entspannten, lebenswerten Eindruck, zu dem sicherlich auch das sonnig goldene Herbstwetter beigetragen hat und dass an jeder Ecke Eisverkäufer zu finden waren. Besonders zu empfehlen sei der Eiskrämer auf der Krämerbrücke. Die krämerbrücke ist natürlich auch so sehenswert mit all den hübschen Läden, Manufakturen und Künstlern.



Der Fluss durch Erfurt ist übrigens die Gera. Das mussten wir erst lernen. Auch, dass all die zahllosen Gewässer zum Fluss gehören und nur Flutgräben, Ableitungen und Teilströme sind.

Auch den Erfurter Dom haben wir besichtigt – wenngleich nicht sehr lange, da jemand Orgel übte und mit modernen Dissonanzen unsere Ohren quälte. Wir haben trotzdem die Skulptur von Bonifatius gefunden und das beeindruckende gotische Bauwerk bewundert. Der Dom ist 81,26 m hoch und besitzt mit der Gloriosa die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt. Der Dom diente aber nur kurze Zeit in der Mitte des 8. Jahrhunderts als Bischofssitz und ist erst wieder seit 1994 Kathedrale des neugeschaffenen Bistums Erfurt. Dazwischen gehörte Erfurt – wie schon gesagt – zum Bistum Mainz.



Der Dom befindet sich auf einem Hügel und thront sehr malerisch über der sonst eher flachen Stadt. Da der Hügel für die Anbauten nicht ausreichte, wurde ein beeindruckender Unterbau geschaffen, neben dem die 70 Stufen der breiten Treppe hinaufführen.

Im Inneren mochte ich besonders den Einhornaltar, aber auch der Armleuchter Wolframleuchter war hübsch, eine der ältesten freistehenden Bronzeskulpturen in Deutschland und die größte anthropomorphe rundplastische Bronze des europäischen Mittelalters.

Neben dem Dom hat Erfurt noch eine große Zahl weiterer Kirchen. Wir haben noch einige angeschaut, damit kann man sich wohl eine ganze Weile beschäftigen. ;)

Den besten Überblick hat man vom Domberg oder vom danebenliegenden Festungshügel. Die Zitadelle Petersberg wurde im 17. Jahrhundert unter Mainzer Herrschaft als Zwingburg angelegt, später von den Franzosen und Preußen als Befestigungsanlage genutzt.

Die Wälle und Bastionen und monumentale Mauern machen immer noch einen recht kriegerischen Eindruck, auch wenn sich heute auf dem Berg ein Café befindet, Kunst, das Bundesarbeitsgericht und der Beauftragte für Stasi-Unterlagen. Und wie gesagt, Ausblick gibt es sehr schön von dort oben. :)

Eine weitere Führung führte uns durch die Alte Synagoge Erfurt. Das Gebäude wurde erst in den 90iger Jahren wiederentdeckt, da es von anderen Gebäuden völlig umbaut und die ursprüngliche Funktion vergessen war. Im 14. Jahrhundert, im Rahmen von Pestprogromen (noch bevor die Pest überhaupt in der Stadt war), wurde ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung vertrieben. Die Synagoge ging in den Besitz eines Kaufmannes über, der einen Speicher aus dem Gebäude machte. Es war lange Lagerraum, später Gaststätte mit Tanzsaal und Bowlingbahn. Immerhin blieb es dadurch von weiterer Zerstörung verschont und ist heute die älteste erhaltene Synagoge Europas.



Das Gebäude selbst zeigt nur noch wenige Spuren jüdischen Lebens, es gibt aber derzeit eine interessante Ausstellung über Synagogen und deren Architektur. Im ehemaligen Tanzsaal befindet sich zudem eine Ausstellung zu jüdischen Schriften. Und – das Highlight – im Keller wird der jüdische Silberschatz ausgestellt, der 1998 in Erfurt gefunden wurde. Der Schatz stammt nicht vom Synagogengelände, er wurde aber vermutlich auch im Rahmen des gleichen Pestprogroms von 1349 hastig vergraben. Der Kaufmann, der den Schatz vor seiner Flucht vergraben hat, hat es vermutlich nicht geschafft zu entkommen…

Der Schatz besteht aus 28 kg Silber in Form von Barren, Münzen, Haushalts- und Kultgegenständen und Schmuck. Nicht alles ist explizit jüdischer Machart, was einerseits einen Einblick auf mittelalterliche Mode und Alltagsgegenstände zulässt, andererseits (vielleicht) auch ein Zeichen für Integration und selbstverständliche Durchmischung war. Ich mochte den Gürtel mit den Krebssymbolen, die ziemlich sicher keine jüdische Symbolik darstellen sondern vielleicht nur dem Zeitgeschmack entsprachen.

Prunkstück des Schatzes ist ein jüdischer Hochzeitsring, einer (der größte und schönste) von nur drei in Deutschland. Der Ring wird aus ineinandergreifenden Händen gebildet und trägt ein kleines Gebäude, auf dem in hebräischer Sprache Masel tov steht. In dem Gebäude befindet sich eine frei bewegliche Kugel, die bei Handbewegungen klingelnde Geräusche machte – wie die Führerin meinte: „Das ist wie beim Schokoladenhasen das Glöckchen, da weiß man immer, wo die Braut ist.“

Man kann sich auch die Mikwe, direkt an der Krämerbrücke, noch anschauen, darauf haben wir dann aber verzichtet, wir haben ja schon einige solcher Bauwerke gesehen. Die Führung in der Alten Synagoge war jedenfalls super, begeistert und kenntnisreich vorgetragen, auch wenn das Tempo möglicherweise für manchen Besucher etwas schnell war. ;)

Ansonsten haben wir es in Erfurt ruhig angehen lassen und die Zeit in unserer sehr geräumigen Ferienwohnung auch zum Quatschen und Spielen genutzt. Denn in der Hauptsache ging es ja um das Treffen. :)

Stimmung:
bonifatiös
rabensturm: (wald)
Ich wohne jetzt schon mehr als 15 Jahre in Dresden, inzwischen auch fußläufig zum Großen Garten, hab es aber noch nie in den Botanischen Garten geschafft. Wie schade! Der ist nämlich durchaus sehenswert und dabei auch noch kostenlos zugänglich.

Der Botanische Garten wird seit 1949 durch die Technische Universität betrieben – der Garten selber wurde aber schon 1893 an dieser Stelle errichtet. Einen Vorläufer gab es seit 1820 schon an anderer Stelle.

Der Botanische Garten hat viel Platz für Bäume und Pflanzen aus aller Welt, hübsch gegliedert nach den geographischen Ursprüngen. Es gibt drei Gewächshäuser: das große Tropenhaus, das Amerika-Tropenhaus und das Sukkulenten-Haus.



Die sind alle drei sehr spannend in der Fülle ihrer Pflanzen, ich persönlich mochte das Sukkulenten-Haus mit den imposanten Kakteen am liebsten. Da hat auch sehr viel geblüht, das war überraschend bunt (und nicht so feucht-warm wie die anderen Gewächshäuser).

Auch draußen auf dem Gelände hat alles in herrlichstem Frühlingsgrün geblüht und geduftet. Bei strahlendem Sonnenschein war das ein ganz besonderes Vergnügen. :)



Daneben gibt es auch versteinerte Baumstämme zu sehen und geologische Besonderheiten, quasi als Ergänzung zur biologischen Bandbreite, die präsentiert wird.

Ich mochte an dem Außengelände besonders den kleinen Farngarten. Ich habe gelernt, dass es neben Buschwindröschen auch Windröschen gibt. Und ich denke mir, dass ich im Sommer noch mal hinmuss, wenn die ganzen frisch ausgesäten Pflanzen in vollem Ausmaß sichtbar sind. Das ist ja eben auch das Schöne an einem Botanischen Garten: alles ist lebendig und verändert sich im Jahresverlauf. :)

Ich mochte auch, dass an verschiedenen Stellen kleine Infotäfelchen angebracht waren, die zeigten, wo Erkenntnisse aus der Pflanzenwelt Eingang in Technik und Ingenieurkunst gefunden haben (Beispiel Lotoseffekt). Da merkt man die Verschränkung mit der Technischen Universität, das hat mir gut gefallen.

Neben den ganzen Beispielen von Erdgeschichte und Evolution ließ sich aber auch die jüngere Geschichte im Botanischen Garten nachvollziehen:

Ein Beispiel war eine große Palme im Amerika-Tropenhaus. Das Schild berichtete, dass der Botanische Garten im 2. Weltkrieg von direkten Treffern verschont blieb, die Bombenschäden ringsum aber alle Scheiben der Gewächshäuser zerstört hatten. Die Palme war noch im März 1945 von einem (?) Gärtner nach Pillnitz ausgelagert worden, wo sie den Krieg unbeschadet überstand und danach zurückgebracht werden konnte. Ich staune immer über das Engagement solcher Leute, die angesichts der Schrecken des Krieges noch an ihre Arbeit denken und ihre Schützlinge retten. Das ist wirklich bewundernswert.

Anderes Beispiel war eine Eiche, die im Krieg einen Brandschaden davongetragen hat. Der Baum war noch jung und kräftig, man hat ihn ausgeschnitten und er ist noch jahrzehntelang weitergewachsen. Im Inneren hatte der Schaden aber Angriffsfläche für Pilze und Krankheiten geboten, so dass in den 1990iger Jahren die Krone brach. Ein Kriegsschaden noch in den 90iger Jahren. Inzwischen wurde der Baum aus Gründen der Standsicherheit gefällt – man hat ihn aber im Garten liegengelassen. Einerseits als Mahnmal der Geschichte, andererseits, damit das alte tote Holz noch Lebensraum für Insekten und anderes Getier sein kann.



Ich hatte was zum Nachdenken, ich hab was gelernt und ich hab in Frühling geschwelgt.

Es lohnt sich durchaus auch, den Garten zu verschiedenen Jahreszeiten noch mal zu besuchen. Ich war inzwischen ein paar Wochen später mit meinen Eltern noch mal da. Es blühten andere Blumen, die Beete standen in voller Pracht, das sah alles gleich ganz anders aus. :)



Vielleicht im Herbst noch mal. Ist ja nicht weit und kostet ja nichts. :)

Stimmung:
draussen
rabensturm: (drei)
In der Stadt Breslau sind gut 300 Zwergenfiguren verteilt. Eine Touristenattraktion mit Aktionspotential, weil man sich ja schon als Jäger und Sammler fühlen kann, wenn man wieder einen Zwerg entdeckt. *g*



Wenn ich es recht verstanden habe, gab es schon in den 80iger Jahren Aktionen der Opposition, die sich der Zwergensymbolik bedienten. Anfang der 2000er Jahre waren die Zwerge dann ein Kunstprodukt… und irgendwie hat sich das dann wohl verselbstständigt. Jedenfalls gibt es jetzt überall Zwerge der verschiedensten Art.



Wir haben – wenn ich richtig gezählt habe – 49 Zwerge gefunden und fotografiert. Den 50. Zwerg für die Statistik habe ich jetzt noch in Dresden gefunden. Dresden und Breslau sind Partnerstädte – zum 55. Jubiläum gab es diesen Zwerg als Geschenk. Er steht jetzt zwischen Rathaus und Kreuzkirche.



Spaßig die Zwerge überall. Es gibt auch Stadtpläne, um die Zwerge suchen zu können – die fanden wir allerdings eher nutzlos, weil sie zu ungenau waren. Es soll auch eine App geben, vielleicht kommt man damit besser voran. Wir haben einfach die Augen offengehalten und uns gefreut, wenn wir wieder einen Zwerg gefunden haben. :)

Sonstige Bemerknisse zu Breslau:

  • ich fand es auffällig, wie diszipliniert alle Leute an roten Ampeln gewartet haben. Ob Student oder eiliger Geschäftsmann, ob Rushhour oder freie Straße, es sind so gut wie alle Leute an roten Ampeln stehen geblieben

  • dafür gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen in der Stadt offenbar nicht für Motorräder – die sind immer in abartigem Tempo durch die Stadt gerast

  • Leihfahrräder werden reichlich angeboten und tatsächlich auch häufig genutzt

  • Exotische Fauna: im Stadtgraben paddelte eine Schildkröte

  • Es gibt Cider in Polen – und der heißt auch Cydr


Stimmung:


Stimmung:
unterhalten
rabensturm: (Wächter)
Ich geh ja immer gerne Friedhöfe angucken. Die sind meistens idyllisch angelegt, manchmal gibt es künstlerisch oder architektonisch spannende Bauwerke. Ich mag es auch, die Inschriften zu lesen und die Geschichten dahinter zu suchen. Das hat bei mir nichts mit Religiosität zu tun, schon gar nichts mit irgendwelchen morbiden Anwandlungen. Auch in anderen Ländern schaue ich mir gerne Friedhöfe an, die Friedhofskultur unterscheidet sich schließlich, da ist es einfach spannend Unterschiede und Ähnlichkeiten zu entdecken.

Der Alte Jüdische Friedhof in Breslau liegt in Laufweite vom Bahnhof. Der Friedhof wurde Mitte des 19. Jahrhunderts eröffnet und war bis zum Ende der 1920iger Jahre die bevorzugte Begräbnisstätte der erfolgreichen assimilierten Juden Breslaus. Und davon gab es eine Menge, in der städtischen Gesellschaft Breslaus gab es etliche Juden, die es zu Wohlstand und Ansehen gebracht haben. Kaufleute natürlich, aber auch Ärzte, Wissenschaftler, Künstler, Stadtratsmitglieder. Entsprechend kunstvoll und aufwendig zeigen sich die Grabstätten auf dem Friedhof.



Die meisten Grabsteine zeigen deutsche Inschriften, ergänzt um die Daten des jüdischen Kalenders. Die Namen sind deutsch und jüdisch, wir haben keine polnischen Namen gesehen. Außerdem gibt es einige hebräische Inschriften, ansonsten sind es eher „normale“ Grabbauten und Denkmäler. Dafür zeigt die dicht gedrängte Anordnung der Grabsteine jüdische Tradition.



Der Friedhof wurde 1942 geschlossen, das jüngste Grab, das wir gefunden haben, war von 1941. Der Krieg hat auch an den Grabsteinen Spuren hinterlassen, es gibt immer mal wieder deutliche Einschlagsspuren von Kugeln:



Aber auch so hatten wir natürlich das Schicksal der jüdischen Bevölkerung und den Holocaust im Hinterkopf. Bei vielen Namen, bei vielen Familiengeschichten habe ich mich gefragt, wie es da wohl im Krieg weitergegangen ist. Ob noch jemand übrig geblieben ist, der den Toten dieses Friedhofes gedenken konnte. Trotz Sonnenschein und blühendem Frühling beklemmende Gedanken.



Es gibt einige bedeutende Personen, die auf dem Friedhof bestattet sind. Die berühmteste ist vermutlich Ferdinand Lasalle, der Arbeiterführer. Da unser Besuch kurz vor dem 1. Mai war, haben wir vor dem Grab tatsächlich eine Gruppe gedenkender Menschen angetroffen, die Blumen niedergelegt haben:



Wir haben keine Berühmtheiten gesucht. Wir sind durch die Reihen spaziert und haben Grabsteine gelesen. Wir haben die Stimmung und den Frühling genossen. Der Ort schien märchenhaft verzaubert mit großen alten Kastanienalleen und überall blühenden Büschen und Blumen. Dazwischen erzählen die Steine Geschichten und manchmal hat sich auch ein Mausoleum der Zeit ergeben, die Säulen und Friese in Ruinen gelegt hat. Wir waren nicht die einzigen Besucher am Montagvormittag, die Menschen haben sich aber sehr schnell auf dem Gelände verteilt, so dass man sich ganz ungestört umschauen konnte. Wir haben dann auch noch eine Weile vor dem Friedhof im Schatten gesessen, Vögel und Menschen beobachtet.

Für den Heimweg sind wir dann noch eine Runde in den angrenzenden Straßen gelaufen, weil wir noch den Wasserturm anschauen wollten:



Das Bauwerk von 1905 ist hübsch restauriert. Besichtigungen sind zur Zeit aber leider nicht möglich. Dafür kann man den Turm aber kaufen – wer also sein Geld in ein exotisches Bauwerk investieren möchte, hätte da jetzt eine gute Gelegenheit. ;)

Stimmung:
sonnig
rabensturm: (feder)
Wenn man mit dem Zug nach Breslau kommt, ist schon der Bahnhof ein Erlebnis – eine an Jugendstil gemahnende Halle mit Arkaden, hölzernen Ladenzeilen in der großen Halle und güldenen Säulen im Vorraum. Wenn man das Gebäude von außen betrachtet, erinnert es gar an ein Schlösschen.



Das ist schon sehr schick – und da unser Hotel quasi gegenüber war, hatten wir den Anblick auch jeden Tag.

Bis in die Altstadt konnte man von hier aus bequem laufen, wir sind verschiedene Wege gegangen, um unsere Orientierung zu erweitern, das ging alles problemlos. Die Stadt macht einen sehr gepflegten Eindruck, insbesondere die Altstadt ist natürlich sehr hübsch herausgeputzt. Das historische Rathaus ist ein besonderes Schmuckstück. Umgeben von den prächtigen Häusern am Markt zeugt es von der Bedeutung der ehemaligen schlesischen Hauptstadt.



Wir haben das Rathaus auch von innen besichtig. Das Gebäude ist sehr verwinkelt, weil man es immer wieder erweitert und umgebaut hat. Es gibt den Ratssaal zu sehen, die Schatzkammer, den Gerichtssaal und die Amtsstube der Stadtältesten. In der Eingangshalle stehen Büsten berühmter Breslauer Persönlichkeiten und in den einzelnen Räumen finden sich immer wieder Wappen und farbiger Wandschmuck.



Wirklich vorstellen kann ich mir die historische Bürobetriebsamkeit nicht, ein sehenswertes Bauwerk ist das Rathaus aber allemal.

Ringsum der Markt ist mit all den prächtigen Häusern ebenfalls sehenswert, wir haben auch brav im Reiseführer nachgelesen, was das im Einzelnen für Gebäude waren – aber das hab ich mir weder gemerkt, noch will ich es hier aufzählen. ;) Angucken und Staunen reicht da völlig. Auch nebenan der Salzmarkt ist sehenswert, obwohl die Häuser dort nicht ganz so prächtig sind.



Breslau liegt – das fand ich geographisch ein wenig überraschend – an der Oder, die Oder hatte ich nicht so weit östlich erwartet. Der Fluss zieht sich durch die Innenstadt, bildet Inseln und Inselchen. Auf der Dominsel und der Sandinsel befinden sich mehrere sehenswerte Kirchen – überhaupt gibt es in der Stadt viele Kirchen, dass man allein mit deren Besichtigungen den ganzen Tag verbringen könnte. Leider kamen wir nicht in alle Kirchen rein, weil sie entweder zu oder durch Gottesdienste belegt waren – was natürlich auch Vorrang hat vor schnöden Touristenbesichtigungen. Ich hätte aber die bunte Kathedrale schon gern von innen gesehen und den Schlumpfaltar in der Maria-auf-dem-Sande-Kirche.



Wir waren drinnen in der St. Cyryl-und-Method-Kirche, die jetzt eine orthodoxe Kirche ist. Das heißt, innen gibt es viele farbenfrohe Ikonen – und da gerade Messe war, gab es auch viel Weihrauch und Gesang. Wir haben uns da im Vorraum ein Weilchen niedergelassen und zugehört, das war schon schön.

Und wir waren in der Magdalenenkirche – um genau zu sein, wir waren auf der Magdalenenkirche. Deren Türme sind nämlich mit einem Brücklein verbunden, von wo aus man den Blick über die Stadt genießen kann. Die Hexenbrücke.



Der Blick von oben ist schon sehr eindrucksvoll, windumtost über den Dächern der Kirche. Man kann gut bis zum Rathaus schauen, über die Stadt natürlich und bei gutem Wetter wohl auch bis zur Schneekoppe im Riesengebirge. Wir haben immerhin den Schatten der Berge am Horizont gesehen. Abenteuerlicher – und gruseliger – als der Ausblick war allerdings der Weg zur Hexenbrücke: von den 243 Stufen waren bestimmt die Hälfte aus Gitterblechen. Da sollte man besser schwindelfrei sein.

Ein wenig außerhalb der Innenstadt liegt noch eine Sehenswürdigkeit, ein Wahrzeichen der Stadt Breslau und seit 2006 Weltkulturerbe:



Die Jahrhunderthalle. Das monumentale Stück wurde 1911 – 1913 vom Architekten Max Berg errichtet und war zum damaligen Zeitpunkt die größte freitragende Kuppel im Deutschen Reich. Die Kuppel hat eine freie Spannweite von 65 m, das ist auch heute noch beeindruckend.



Jahrhunderthalle heißt sie übrigens deshalb, weil 1913 die Jahrhundertausstellung in Erinnerung an die Befreiungskriege von Napoleon stattfand. Die Halle stand dabei natürlich im Mittelpunkt, aufgeführt wurde ein Stück, das Gerhart Hauptmann extra für diesen Anlass geschrieben hat. Später wurde die Halle und das umliegende Gelände für Messen und Ausstellungen genutzt.

Heute finden in der Halle, die bis zu 6000 Sitzplätze bietet, Veranstaltungen statt, Konzerte und auch immer noch Ausstellungen. Es gibt ein sehr ansprechendes kleines Museum zur Baugeschichte und Stadtentwicklung, da kann man interaktiv viel mitspielen. Auch das Gelände um die Halle ist sehr schön. Es gibt säulengesäumte Wandelgänge, Pavillons und ein Wasserbecken mit bunt angestrahlten Fontänen. Letztere waren bei uns nicht in Betrieb und auch das Wandeln war bei mindestens 30° etwas anstrengend. Aber das mag auch daran gelegen haben, dass wir erst mal einmal um die Halle rumgelaufen sind, weil wir den Eingang nicht gefunden haben. Hat sich aber auch gelohnt der Ausflug zur Jahrhunderthalle.

Wir sind den Weg zur Halle nicht zu Fuß gegangen sondern ein Stück mit einem Boot auf der Oder gefahren. Schifffahren ist ja immer nett, wenn man vom Stadtbummel schon ein bisschen fußlahm ist. Das war auch hier nett. Wir sind bis zur Haltestelle Zoo gefahren, um den Zoo drumrumgelaufen zur Halle – und dann wieder zurück und mit dem Schiff wieder zurück.



Bestes Ausflugswetter, ein bisschen zu warm vielleicht, aber sehr schön. :)

Stimmung:
in Urlaubsstimmung
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