19 Sep 2010

rabensturm: (drei)
Ich hatte ja schon erzählt, dass Susann, Nina und ich nach der Wanderung noch einen freien Tag übrig hatten. Wir hatten noch eine Übernachtung in Belzig und haben uns mit der Landkarte in der Hand überlegt, was man auf dem Heimweg noch machen könnte. Wittenberg zum Beispiel, Draisine fahren in Jüterbog das ist aber so anstrengend nach dem Wandern. Und sind wir auf Wörlitz gekommen – der Park Wörlitz war zumindest uns Sachsen ein begriff, auch wenn uns nicht wirklich klar war, dass sich der Park hier in der Nähe befindet. Also war es abgemacht, wir besuchen den Wörlitzer Park!

Zunächst hat uns die Anfahrt aber schon mal eine Überraschung beschert, da wir nach mehreren verirrten Runden durch Coswig (nicht unser Coswig bei Dresden) plötzlich vor der Autofähre standen. Okay, dann eben mit dem Auto über die Elbe setzen. Danach ging es eine phänomenal holperige Straße weiter – und wir sind quasi am Hintertürchen vom Wörlitzer Park rausgekommen. :)

Der Wörlitzer Park ist ein UNESCO-Welterbe und gehört zum "Dessau-Wörlitzer Gartenreich", das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter der Regentschaft von Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) geschaffen wurde. Fürst Franz war zwar nur Herrscher über ein kleines Reich, aber er war sehr aufgeklärt, hatte fortschrittliche Ansichten und auch viele nützliche Ideen von seinen Reisen durch ganz Europa mitgebracht. Unter anderem war sein Park (einschließlich Gebäude) von Beginn für die Bevölkerung geöffnet. Auch die einfachen Menschen sollten sich bilden – und wenn sie sich keine Reise nach Italien oder England leisten konnten, holte man eben Italien oder England heim ins Fürstentum.

Schloss und Parkanlage sind daher auch nach englischem Vorbild gestaltet – und waren damals in ihrer Art die modernsten auf dem europäischen Kontinent.



Das Schloss ist einem englischen Herrenhaus nachgestaltet. Es ist sehr hell, mit hohen Fenstern und großzügigem Innenhof. Und es war sehr modern und pfiffig eingerichtet – selbst nach unserem heutigen Verständnis nach. So lassen sich beispielsweise die Türen und Fensterläden in die Seitenwände versenken, es gibt Klappbetten in den Wänden und sogar einen Weinkühler in einem Statuensockel, wo man sonst eher schwer-güldenen Prunk vermuten würde. Nein, es war vielmehr alles klar und schlicht (klassizistisch eben) und vor allem auch hell und praktisch. Das war sehr beeindruckend – und die Führung war wirklich lohnenswert.



Die Führung brachte uns am Ende über einen unterirdischen Gang zum Küchengebäude – auch eine praktische Einrichtung, mit der man störende Küchengerüche aus dem Haus halten wollte…

Und der Park… mit 112 Hektar ist der Wörlitzer Park nicht nur einer der größten sondern auch einer der frühesten und bedeutendsten Landschaftsparks Kontinentaleuropas. Die großzügigen Wasserflächen speisen sich aus einem Altarm der Elbe (die ja nicht weit weg ist). Es gibt somit viel Wasser, viele viele Brücken und auch drei Fähren, die betulich von Hand über die Wasserflächen gekurbelt werden.



Überall im Park finden sich versteckte Sehenswürdigkeiten, Grotten und Gärten, Pavillon und Labyrinth, Tempel und Statuen. Und doch wurde bei der ganzen Anlage sorgfältig auf Sichtachsen geachtet, so dass sich bisweilen ganz unerwartete Ausblicke ergeben.



Das beispielsweise ist das so genannte Gotische Haus. Das besondere daran sind seine zwei verschiedenen Fassaden. Die Front (Foto) ist die einer venezianischen Kirche nachempfunden, während die Gartenseite dem Stil der Tudorgotik folgt. Beide Fassaden sind Blickpunkte von Sichtachsen. So entsteht der Eindruck, dass man es mit zwei verschiedenen Gebäuden zu tun habe. Das obere Geschoss nutzte der Fürst als Wohnung und für sein Museum. Der untere Bereich wurde wirtschaftlich genutzt – und auch heute befindet sich im unteren Teil noch ein Museum in dem wir aber nicht drin waren.

Ein weiteres berühmtes Gebäude ist die Insel Stein mit der Villa Hamilton. Es handelt sich dabei um eine künstliche Felseninsel mit einer kleinen Villa, die dem Heim des englischen Botschafters, Sir William Hamilton, am Hofe des Königs von Neapel nachempfunden war. Auch hier wollte Fürst Franz seinem „Bildungsauftrag“ nachkommen und seinen Untertanen Italien und Neapel nahe bringen – auf der Felseninsel wurde nämlich sogar der Vesuv nachgebildet, der als besonderer Höhepunkt bei Gartenfesten des Fürsten mittels ausgefeilter Ton-, Licht- und Wassereffekte "Lava speien" konnte. Ende August 2005 wurde der Vulkanausbruch wohl erstmals wieder vorgeführt. Der diesjährige „Ausbruch“ war allerdings bereits vorbei. – Aber wir haben uns den Fußweg zur Insel Stein ohnehin gespart.

Wir haben uns statt dessen noch ein bisschen an den verborgenen Ecken erfreut und den Entdeckungen, die man dort machen konnte:



Das Wurzelhaus hinter der Amtsfähre…



…ein weiteres kleines Brücklein.

Ein gute Entscheidung, den Wörlitzer Park und das Schloss zu besichtigen. :) Sehr interessant und sehr romantisch mit all den Seerosen, Schwänen und Sichtachsen. Da kann man sich gut einen ganzen Tag aufhalten, dann kann man auch noch all die anderen Dinge ansehen, die uns so entgangen sind. Wenn wir mal wieder in der Gegend sind, werden wir das bestimmt nachholen. :)


Stimmung:
gartenkundig

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