12 Aug 2014

rabensturm: (feder)
Wie schon erwähnt, befanden wir uns inzwischen in der Region Moldau. Auffällig da zuerst, wie viele Störche es in den Dörfer gibt… das kann aber auch an mangelnder Aufmerksamkeit gelegen haben, da wir später auch noch genug Störche in den anderen Gegenden gesehen haben. ;)

Die Moldau ist dann aber auch eine Region, in der rumänische Bevölkerung vorherrschte und nicht die deutschstämmigen Sachsen. Wobei ich die Aussage ein bisschen... zweifelhaft finde, auch die rumänischen Sachsen Siebenbürgens lebten da schließlich schon seit 800 Jahren, ob die da weniger rumänisch sind als die „rumänischen“ Rumänen, sei noch dahingestellt. Eigentlich wollte ich auch nur darauf hinaus, dass die Dörfer hier anders aussehen. Die Häuser sind nicht wie die der Siebenbürger Sachsen mit hohen Zäunen von der Straße abgegrenzt. Sie fallen auf, durch die schönen Schnitzereien an den Giebeln und Fenstern. Es gibt schmuckvolle Tore und quasi an jedem Haus einen Brunnen, der ebenfalls mit einen Dach oder gar einem Türmchen geschmückt ist. Die Gärten und Vorgärten blühen in voller Pracht und auch die Fenster sind mit Blumen geschmückt.



Wir sind zu Fuß durch eines dieser Dörfer gegangen, um ein bisschen mehr davon sehen zu können. Wir haben in einen Brunnen geguckt und Wasser probiert. Wir haben auch einen Mann mit Pferdekarren gesehen, der Müll eingesammelt hat. Und Ioan hat die Gruppe mit in ein Grundstück genommen, um bei den alten Leutchen den Garten und das Haus zu zeigen. Im Haus war ich nicht mit drin… ich stell mir da immer vor, dass es bei mir an der Tür klingelt und eine rumänische Reisegruppe fragt, ob sie mal meine Wohnung angucken können. Geht’s noch?

Der Weg durch das Dorf führte uns zum Kloster Agapia.



Das Kloster ist eines der größten Nonnenkloster – heute leben um die 500 Nonnen hier, es gab seit der Wende 1990 einen großen Aufschwung, so dass darunter auch viele jüngere und ganz junge Frauen sind.

Das Kloster Agapia wurde im 17. Jahrhundert als Mönchskloster gegründet. Im 19. Jahrhundert wurde es zum Nonnenkloster und erhielt dabei eine umfassende Umgestaltung. So wurde die Kirche komplett neu ausgemalt von Nicolae Grigorescu, der später in Paris als Impressionist berühmt wurde. Er war zum Zeitpunkt der Klostergestaltung erst Anfang 20 und hat die Gestaltung mit beeindruckenden realistischen Gemälden durchgeführt.



Eine sehr nette Nonne hat uns herumgeführt und alles erklärt, und das, wo die Arme Ohrenschmerzen hatte.

Wir haben uns auch noch einige der Werkstätten angesehen. Die Nonnen fertigen Teppiche und Strickwaren, aber auch Stickereien. Es waren auch die Nonnen des Agapia-Klosters, die die endlosen Prunkteppiche des Parlamentspalastes in Bukarest gefertigt haben.

Nach diesem Besuch haben wir uns auf den Weg gemacht zum Kloster Agapia… wie, noch mal? Ja, es gibt zwei dieser Klöster. Das große Frauenkloster im Tal, die neue Agapia, und das kleine Nonnenkloster oben auf dem Berg, die alte Agapia. Dazu mussten wir aber erst mal eine halbe Stunde steil den Berg hoch *schnauf* Nach dem Regen der Nacht war das auch eine etwas feuchte und rutschige Angelegenheit. Aber lohnend:



In dem Kloster leben nur wenige Nonnen. Ihr Standart ist einfacher als der im großen Kloster – dafür ist ihr Leben auch ungestörter, stiller, zurückgezogener. Eine sehr angenehme Stimmung hier, in der wir zwar als Fremdkörper wirkten, aber nicht wirklich störend. Auch hier ist die Kirche mit realistischen Bildern ausgemalt. Sehr hübsch.

Auf den Plan stand dann eine Wanderung auf alten Pilgerpfaden zum nächsten Kloster. Den Berg hinauf, dann oben am Kamm entlang. Da war noch die Sache mit dem Regen der letzten Nacht, der die Wege zu tiefen Schlammgruben gemacht hat. Den Berg hoch, war das nicht wirklich lustig, Berg runter noch viel weniger. Wir sind trotzdem hinaufgekraxelt, um den Blick über die Hügel, entlang der alten Pilgerpfade, zu haben – sind dann aber wieder umgekehrt, um uns doch lieber mit dem Bus fahren zu lassen. Ein paar schlammige Impressionen von unterwegs:



Schlamm... und Landwirtschaft im Dienste der Nonnen:



Wir sind aber, wie gesagt, mit dem Bus gefahren. Ziel war das Kloster Sihăstria, das nun wiederum ein Mönchskloster ist. Wir haben den Friedhof angeschaut, der sehr schön friedlich und stimmungsvoll war mit einer brennenden Öllampe an jedem Kreuz:



Etwas befremdlich bloß die Schilder auf den Gräbern, die anmahnten, keine Blumen herunterzurupfen…

Wir haben uns die neue Kirche angeschaut, in der gerade Gottesdienst gefeiert wurde. Wenn die Kirchen nicht zu überfüllt sind, ist es kein Problem, auch bei Gottesdiensten reinzugehen – auch die Gläubigen stehen und laufen durch den Kirchenraum, es gibt keine Sitzbänke, wie wir es gewöhnt sind. Wir haben uns dann aber schnell draußen eingefunden und den Anblick von außen genossen. Draußen hat man mit den Lautsprechern auch viel mehr von den Worten des Priesters gehört.



Auch sehr stimmungsvoll – auch wenn die Aufnahmefähigkeit betreffs Ikonen allmählich erschöpft war. Da traf es sich gut, dass wir wieder „nach Hause“ zurückkehrten, also in unser eigenes Kloster Neamt. Und das wollten wir uns am Abend auch noch anschauen.

Das Kloster Neamt wurde im 14. Jahrhundert gegründet. Die neue Kirche ließ Stefan der Große errichten (Fertigstellung 1497), als Dank für den Sieg in einer Schlacht. Ganz nebenbei – Stefan der Große ließ jedes Mal, wenn er eine Schlacht gewann, eine Kirche oder ein Kloster bauen und hat es damit auf um die 40 gebracht. Angeblich hat er nur zwei seiner Schlachten verloren. Einen dieser Verluste konnte er auch noch geradebiegen, da er auf anraten, seines Hofgeistlichen (Propheten?) mitsamt seiner Armee fastete (also auf Wein, Fleisch und Frauen verzichtete) und dann eben doch noch gewinnen konnte.

Zurück zum Kloster Neamt. Das hier ist die große Kirche von Stefan dem Großen:



Der Grundriss ist übrigens der eigentliche Standort der Kirche. In den 60iger Jahren wurde sie ein paar Meter versetzt, weil da mehr Platz für die Touristen war. Weil halt. ;)

Wir haben den Blick vom Torturm genossen. Ein netter Überblick und ein netter Rundblick für die Umgebung.

Wieder unten angekommen, hat uns unser Ioan an Bruder Antonius Führung anvertraut. Bruder Antonius spricht sehr gut deutsch und spricht sehr eifrig und Leidenschaftlich über alles, was seinen Glauben und sein Kloster angeht. Ich fand das sehr sympathisch – aber mich als Ungläubige kann er auch nicht in religiösen Gefühlen treffen, wie Ioan uns vorher gewarnt hat. Aber selbst wenn – das ist die Heimat und die Kirche von Bruder Antonius, da könnte man als Gast ja auch respektvoll die Klappe halten, wenn man wirklich anderer Meinung ist. Nicht, um Diskussionen zu vermeiden, da war der Mönch sehr aufgeschlossen und eifrig dabei, aber eben eine Grenze ziehen zu eigenen Vorstellungen… aber wie gesagt, ich hab da gut Reden. Ich fand alles, was der Mönch erzählt hat, sehr interessant und spannend. Wär sicher auch noch länger gegangen, aber irgendwann kann man halt auch nichts mehr aufnehmen. ;)

Wenn man das Bild noch mal anschaut, kann man im Hintergrund noch eine weitere Kirche erkennen, die Kirche des Heiligen Georg. Diese ist Teil der Innenhofbebauung und sieht eher ein bisschen aus wie ein klassizistischer Palast. Aber es ist eine weitere Kirche.

Silph und ich, wir waren da noch rasch am nächsten Morgen drin, um die berühmte Maria mit den drei Händen (Tricheirousa) anzusehen. Eine Ikone und Reliquie. Der Legende nach gehört die dritte Hand einem schriftkundigen Mönch, dem, um ihn von seinen Schreibarbeiten abzuhalten, von einem böswiliigen Monarchen die Hand abgehackt wurde. Gebete an Maria fügten die Hand über Nacht auf wundersame Weise wieder an.

Das Kloster verfügt übrigens auch noch über eine andere berühmte Reliquie: in der großen Kirche befindet sich der Kopf des Heiligen Simeons, eines Säulenheiligen. Die Kirche von Antiochia machte die Reliquie Stefan dem Großen zum Geschenk, als Dank dafür, dass er ihre Schulden bezahlt hat. ;)

Zur Vervollständigung noch die letzte Kirche des Klosters:

Die Grabkapelle über dem Beinhaus.



Im Museum des Klosters waren wir dann nicht mehr. Dort soll es noch viele gut erhaltene Handschriften und Kalligraphien zu sehen geben, da das Kloster in seiner Blütezeit ein wichtiges Kultur- und Schulungszentrum war. Auch die Klosterbibliothek ist wohl sehenswert… wir haben es dann doch beim Buch- und Souvenirladen belassen. ;).


Stimmung:
übervoll

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