13 May 2019

rabensturm: (feder)
Da das am Samstag so gut geklappt hat mit der kostenlosen Führung, haben wir das am Sonntag gleich noch mal gemacht: diesmal in Jaffa, der alten arabischen Stadt, die heute Stadtteil von Tel Aviv ist.

Jaffa liegt etwa 2 Stunden Fußmarsch von unserem Hotel entfernt – wir haben deshalb mal das Bussystem ausprobiert. Praktischerweise waren im Zentrum und in Strandnähe – also auch bei uns – die Bushaltestellen auch mit englischen Fahrplänen versehen, so dass man sich über die Routen informieren konnte. Über die Zeiten zwar nicht, aber dafür hatten wir großzügigen Spielraum eingeplant.

Busfahren im Ausland ist ja immer die hohe Schule des öffentlichen Personennahverkehrs. Bei Bahnen und Straßenbahnen sieht man Schienen, weiß also, wo sie lang fahren und meistens auch, wo die Haltestellen sind. Bei Bussen muss man erst die Abfahrtshaltestelle finden, oft dem Bus ein Zeichen zum Anhalten geben und während der Fahrt dann auch noch erkennen, wann man am Ziel ist, um vorher seinen Haltewunsch anzuzeigen. Hier war die Schwierigkeit eher, ein Ticket zu bekommen. Wir wollten doch nur einen Einzelfahrschein, auch wenn das mit der Chipkarte vielleicht günstiger wäre… aber nein, der Busfahrer bestand darauf, dass wir die Karte kaufen und die dann wieder aufladen. Wo man die aufladen kann, hat sich uns allerdings nicht erschlossen… - Wir haben dann in der Touristinformation in Jaffa erfahren, dass vor 2 Monaten das Bezahlsystem auf die Karten umgestellt wurde, und es nun wirklich keine Einzelfahrscheine mehr gibt. Dafür kann man aber mit den entsprechend aufgeladenen Karten auch Zug fahren, Busse jeglicher Linien, im ganzen Land. – Wenn also mal wieder jemand behaupte, es geht nicht, ein bargeldloses Verbundsystem zu schaffen – doch, es geht.

In der Touristinformation haben wir auch Postkarten erworben – sind jedoch an der Briefmarkenfrage gescheitert. Man schickte uns zur Hauptpost, da hat sich uns aber das Wartesystem mit Nummern nicht erschlossen. Bzw. hatten wir zwar Nummern, waren aber ein großes Stück von der angezeigten Nummer entfernt und nichts bewegte sich. Wir vertagten daher die Queste nach den Briefmarken und fanden uns (nach kurzer Kaffeepause) am Startpunkt der Führung ein.



Ein Wahrzeichen von Jaffa ist der Uhrturm, der Anfang des 20. Jahrhunderts zum 30jährigen Jubiläum der Herrschaft des osmanischen Sultans Abdul Hamid II. errichtet wurde. Man bedenke, zu dieser Zeit war da alles noch osmanisches Reich (Uhrtürme dieser Art wurden auch im ganzen Reich verteilt errichtet) und auch Tel Aviv gab es noch nicht.

Tel Aviv wurde, wie schon erwähnt, erst 1909 vor den Toren Jaffas errichtet. Erst als Stadtteil von Jaffa, später als unabhängige Stadt – seit den 50iger Jahren ist allerdings Jaffa Stadtteil von Tel Aviv. Wechselvolle Geschichte, die sehr weit zurückreicht.

Menschen siedelten hier schon in prähistorischen Zeiten. Die Geschichte des Hafens geht 4000 Jahre zurück, was ihn zu einem der ältesten ständig genutzten Häfen der Welt macht. Jaffa wurde in der Bibel erwähnt, hier spielt die Geschichte von Jona und dem Wal, hier erweckte Petrus Tabita von den Toten.



Wir sind mit der Führung durch das alte Stadttor gelaufen, von wo aus man vom Hafen Richtung Jerusalem weiterreisen kann. Denn das war Jaffa natürlich auch: Tor nach Jerusalem und ins Heilige Land, auch wenn die Kreuzritter wohl eher über Akkon oder Antiochia reisten. Nichtsdestotrotz war Jaffa für die Ritter und vor allem Pilger über die Jahrhunderte hinweg ein Weg nach Jerusalem.

Auch Napoleon versuchte später über Jaffa einen Fuß ins Land zu bekommen – die Geschichten, die uns dazu erzählt wurden, werfen freilich kein gutes Licht auf den Feldherrn: eigentlich wollte er durch Jaffa nur durchziehen Richtung Akko, weil man das aber verweigerte, nahm er die Stadt ein. Anstatt sich aber mit 3000 Gefangenen zu belasten, ließ er die alle töten und unbestattet liegen. Er zog weiter nach Akko, wurde dort geschlagen und musste sich nach Jaffa zurückziehen, wo sich der Zustand der zurückgelassenen Leichen nicht gerade verbessert hatte. Eine große Zahl seiner Soldaten erkrankten daraufhin (an der Pest?) – und Napoleon, der beim Rückzug nicht aufgehalten werden wollte, habe dann befohlen, die Kranken zu vergiften.

Heute ist von so grausigen Geschichten nichts mehr zu sehen. Jaffa ist eine verwinkelte alte Stadt, die hübsch herausgeputzt wurde. Ein Teil der Altstadt wurde zum Künstlerviertel, dort gibt es wirklich ganz bezaubernde Ecken.



Die Straßen sind nach Sternzeichen benannt, überall kann man kleine Läden oder Galerien entdecken und immer wieder neue Blickwinkel auf die Stadt.



Unsere Gruppe machten Pause oben vor der Kirche St. Peter, in die wir leider nicht reingekommen sind. Bei der Führung war keine Zeit und später hatten sie Mittagspause. Der Platz da hoch oben war aber trotzdem sehr hübsch.

Dann ging es durch die Gassen wieder hinunter zum Hafen, wo wir noch einmal von dessen alter Geschichte hörten. Geschichte und Mythologie, weil hier nämlich der Ort gewesen sein sollte, wo Andromeda an den Felsen gekettet wurde, um Poseidons Seeungeheuer geopfert zu werden. Der Held Perseus rettete die Schöne, das Ungetüm soll dann zerschlagen und zu Stein geworden sein. Ich muss gestehen, dass ich mir die Felsen von Andromeda immer ein bisschen größer vorgestellt hatte:



Aber hübsch war es da am Hafen und überhaupt in der alten Stadt. Im Hafen hat sich unsere Führerin verabschiedet und wir konnten auf eigene Faust noch ein bisschen durch die Gassen stromern.

Wir haben was gegessen, noch ein bisschen herumgeguckt und dann auch an der Hauptstraße in den ein oder anderen Laden geschaut. Jaffa macht einen deutlich arabischeren Eindruck mit Basar und Gassen, durchaus touristisch geprägt, aber sympathisch. Um so krasser natürlich der Kontrast zur modernen Großstadt:



Ein lohnender Ausflug – und fußlahm waren wir dann auch wieder. ;) Wir sind mit dem Bus zurückgefahren (die Touri-Info hatte uns ja die Karten aufgeladen) und haben ein Päuschen gemacht. Am Abend sind wir dann auf der Suche nach etwas zu essen die Dizengoff-Straße entlanggeschlumpft, wo wir nach längerer Entscheidungsunfähigkeit schließlich in einem sehr hübschen kleinen Lokal landeten. Ich hatte ein sehr leckeres Reisgericht mit Hühnchen und Gemüse – und wir saßen draußen in lauschigem Sommerabend…

Stimmung:
historisch

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