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Gar nicht mal weit weg von Hannover befindet sich eine Schlossanlage, die der damalige König Georg V. von Hannover 1858 bis 1869 für seine Gattin errichten lässt. Die Enzstehungszeit verrät schon, dass es keine mittelalterliche Märchenburg ist und kein historisches Schloss – aber es sieht eben so aus:



Kurzer Exkurs in die Geschichte:

Das Königreich Hannover entstand 1815 auf dem Wiener Kongress, als nach der Niederlage Napoleons Europa neu geordnet wurde. Das Königreich Hannover folgte dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, das wiederum Ende des 17. Jahrhunderts aus dem vorherigen Fürstentum entstand, nachdem vom Kaiser eine 9. Kurwürde vergeben wurde. All zu viele hannoversche Könige gab es in der Zeit von 1814 bis zum Bau des Schlosses 1858 also nicht – aber da war ja noch die Personalunion mit dem britischen Königsthron.

Herzog Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (noch ohne Kurfürstentum und weit vor Napoleon) wurde als George I. britischer König als Nachfolger von Queen Anne nach dem act of settlement 1701. Dieses Gesetz regelte, dass nach Queen Anne als letzter protestantischer Thronfolgerin im Hause Stuart der Titel auf ihre Cousine Sophie von der Pfalz und ihre Nachkommen übergehen sollte. Sophie stand zwar eigentlich irgendwo auf Platz 60 der Thronfolge – aber sie war die nächste protestantische Verwandte, die in Frage kam. Sophie starb allerdings ein paar Wochen vor Anne, so dass Georg an die Reihe kam. Die Personalunion endete erst 1837 mit der Thronbesteigung von Königin Victoria, da im (nun) Königreich Hannover nur männliche Nachkommen den Thron erben konnten. Daher ging die Herrschaft in Hannover auf Victorias Onkel über, Ernst August, Herzog von Cumberland.

1851 wurde Georg V. König von Hannover (obwohl er fast blind war). Da war er schon 7 Jahre mit Marie von Sachsen-Altenburg verheiratet. Eine – wie es heißt – glückliche Ehe. Zeichen davon ist auch das Schloss Marienburg – das schenkte der König seiner Gattin nämlich zum 39. Geburtstag. Bzw. schenkte er ihr den Berg und die Mittel für das Schloss. Obwohl das Schloss in nur wenigen Jahren gebraut wurde, hatte das königliche Paar nicht viel von dem Anwesen. Nach dem deutschen Krieg zwischen Österreich und Preußen 1866 verlor das Königreich seine Unabhängigkeit und wurde von Preußen annektiert und dann später Teil des deutschen Kaiserreiches. König Georg V. ging ins Exil nach Österreich. Königin Marie folgte etwas später, sie hat noch eine Weile auf Schloss Marienburg ausgeharrt – das die Preußen nicht konfiszierten, weil es ja ihr Privatvermögen war.

Auch heute ist Schloss Marienburg noch im Besitz der Familie von Hannover. Das Innenleben stammt jedoch zumeist aus anderen Schlössern, die nach dem 2. Weltkrieg in der russischen Besatzungszone lagen und dann hastig geräumt wurden. Nach dem 2. Weltkrieg war auch die einzige Zeit, dass jemand von den Welfen im Schloss wohnte, seit 1956 war es dann unbewohnt und später dann Museum.

Das Schloss heute:

Man kann ohne Eintritt bis in den Burghof, wo sich auch ein kleines Café befindet. Mit Eintritt kann man eine ganze Menge Räume sehen, die noch im Geschmack der damaligen Zeit eingerichtet sind (wenn auch nicht zwangsläufig mit den originalen Möbeln). Das ist sehr beeindruckend in seiner Pracht und Farbigkeit.





Unser Musterbeispiel historistischer Burgenkunst war bisher Castel Coch in Wales, aber Marienburg passt da auch gut dazu (unerreichter Höhepunkt für uns ist und bleibt aber der Royal Pavillon in Brighton, der noch mal ganz was anderes ist mit China und Indien).

Man kann auch noch die Kapelle anschauen:



Für Turm oder Park muss man aber eine extra Führung buchen. Wir haben das mit dem Park gemacht, weil wir bzw. ich dem Abstandhalten beim Turmbesteigen nicht ganz trauten.

Mit der Parkführung kamen wir in die Küche (das Foto ist oben mit dabei) und dann ein Stück außen um die Schlossmauern drumrum. Da ist es ziemlich verwildert, viel auch verfallen, weil die Restauration eines solchen Bauwerkes aus privater Hand natürlich immer schwierig ist. Klar, dass da nur die „wichtigen“ Räume Priorität haben. Trotzdem war es nett, auch was vom Außenbereich zu sehen.



Das unten ist übrigens ein Pool, den sich Königin Maria hatte anlegen lassen. Sehr modern für Körperertüchtigung und Entspannung.

Wir haben im Schloss noch Kuchen gegessen und sind dann weitergezogen. Es war ja noch nicht so spät, da konnten wir noch was angucken. Da Schloss Marienburg quasi auf halber Strecke zwischen Hannover und Hildesheim liegt… haben wir Hildesheim noch angeschaut. Wir wussten quasi nur, dass es eine hübsche Altstadt haben soll und einen Dom, der Weltkulturerbe ist.

Wir haben dann am zentralen Parkplatz direkt an einer Kirche gestanden und uns gefreut, den Dom so schnell gefunden zu haben. – Es war aber die Andreaskirche, deren Turm wir erst mal für einen Überblick erklommen haben. Das ist übrigens der höchste Kirchturm Niedersachsen… das war ganz schön anstrengend. :p



Aber es war sehr schlau gemacht, dass man sich coronamäßig nicht auf der Wendeltreppe begegnet: man drückte oben einen Knopf und bekam die Auskunft, ob man loslaufen kann und die Treppe frei ist.

Von oben hat man dann auch den Dom gesehen… Moment, da hat man zwei sehr große romanisch aussehende Kirchen gesehen, und da war noch was anderes Romanisches. Wir sind dann erst mal den Wegweisern nachgelaufen und standen – nicht vor dem Dom:



Nein, das ist nicht der Dom. Das ist die Michaeliskirche, ein vorromanisches, ottomanisches Bauwerk, das auch innen wirklich schon ist. Die buntbemalte Decke ist toll und überhaupt der ganze Raum.



Sehr schön. :)

Aber den Dom hatten wir noch nicht gefunden. Also weiter.



Das ist der Dom. Der Mariendom zu Hildesheim, zu dessen Unesco-Weltkurturerbe übrigens auch der 1000jährige Rosenbusch des Innenhofes gehört.

Innen fand ich den Dom jetzt nicht so überwältigend – aber das mag daran gelegen haben, dass mir die Michaeliskirche vorher so gut gefallen hat. Die historische Pforte war toll und der Kreuzgang – ansonsten war man im Dom auch ein bisschen alleingelassen. Kein Schild, keine Erklärung, das war ein bisschen… wenig für ein Weltkulturerbe.



Und das hier ist der 1000jährige Rosenbusch:



Die Legende besagt, dass im 9. Jahrhundert Kaiser Ludwig, der Fromme, während der Jagd hatte eine Messe lesen lassen. Dabei hat sich das mitgeführte Marien-Reliquiar in einem Rosenbusch verfangen und auch nachher nicht mehr lösen lassen. Der fromme Kaiser nahm das als göttliches Zeichen und errichtete an der Stelle eine Kirche, die dann eben zum Dom wurde. 1000 Jahre zählt die Rose vermutlich nicht, aber 400 vermutlich schon. Und sie hat den 2. Weltkrieg überlebt, wo Brand- und Sprengbomben den Dom getroffen haben. Tapfer hat sie danach wieder ausgeschlagen, das ist ja wunderbar genug. Wenn sie blüht, ist es bestimmt wirklich beeindruckend.

Für uns war das erst mal genug an Kultur und Besichtigung. Am nächsten Tag gings dann in die Pampa zur Steinsuche. :)


Stimmung:
dokumentierend

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